Niemand mit klarem Sinn wird behaupten, dass ein Team zu führen dieselben Qualifikationen erfordert wie, sagen wir, ein Gutachten zu erstellen. Und doch erfolgt die Auswahl von Führungskräften hierzulande fast ausschließlich so: nach fachlichen Kriterien. Oft werden gute Sacharbeiter zu schlechten Chefs gemacht, weil Qualitäten, die über Fachkenntnisse hinausgehen, beim Aufstieg kaum eine Rolle spielen: Soziale Kompetenz wird in Führungsetagen zwar erwartet, aber nicht überprüft, ethische Kompetenz gilt allenfalls als schmückendes Beiwerk, nicht als Auswahlkriterium.
Dabei sind die vermeintlich verzichtbaren Qualitäten harte Führungs-Skills: Umfragen zeigen, dass Berufstätige erwarten, dass Chefs fair handeln und ethische Werte vertreten. Soziale Qualifikation bedeutet, ein Vertrauensklima herstellen zu können, in dem Mitarbeiter als Person angesehen werden und ohne Angst mit dem Chef reden können. Ethische Qualifikation ist die Fähigkeit, ein Wertesystem zu implementieren, das nicht nur in Hochglanzbroschüren steht, sondern gelebt wird. Beides sorgt für Arbeitszufriedenheit, Loyalität und Motivation – handfeste Argumente für Unternehmen.
Doch die Wirklichkeit sieht anders aus, wie nicht zuletzt die wiederkehrenden Skandale um Korruption, Gewinnsucht und Kurzsichtigkeit bei Topmanagern zeigen. Die Regelmäßigkeit, mit der solche Verfehlungen auftreten, ist nicht zuletzt eine Frage einer Personalauswahl, die den falschen Kriterien folgt. In vielen Unternehmen herrscht die Ansicht, die Fähigkeit zu führen ergebe sich von selbst, als gleichsam selige Erkenntnis. Der daraus resultierende Führungsstil kann nur katastrophal sein. Unsinnig ist auch die Behauptung, dass Eigentum zur Führung befähigt. Dass jemand von Rechts wegen führen darf, bedeutet nicht, dass er es auch kann.