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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Anna und Nils Schnell aus managerSeminare 306, September 2023
„Oh, wie schön ist Panama!” – ein Satz, den wir alle kennen und der Kindheitserinnerungen an den „Kleinen Bären“ und den „Kleinen Tiger“ weckt. Der Zeichner Janosch hat es damit geschafft, in unser kollektives Verständnis die Sehnsucht nach der Ferne einzupflanzen – auch wenn wir nicht immer genau wissen, wohin uns diese Sehnsucht treibt. Auf der Modern Work Tour hat uns die Sehnsucht nach der Ferne – und die nach einer neuen Arbeitswelt – tatsächlich nach Panama geführt.
Panama-Stadt ist die Hauptstadt und größte Stadt des Landes, umgeben von einer Landschaft mit atemberaubender Artenvielfalt. Die Kapitale liegt an der Pazifikküste und erstreckt sich entlang des wohl berühmtesten Kanals der Welt – des Panama-Kanals. Neben dem „Casco Viejo“, dem historischen Viertel von Panama-Stadt, ist die Stadt auch für ihre Wolkenkratzer und ihre beeindruckende Skyline bekannt; gerade der Finanzdistrikt „El Cangrejo“, der viele Banken und internationale Unternehmen beherbergt, hat seinen Anteil daran. Doch unsere Modern-Work-Tour-Treffen finden woanders statt: im Stadtteil „Ciudad del Saber“, zu deutsch „Stadt des Wissens“.
Dort treffen wir auf den erfolgreichen Seriengründer Javier Buitrago, der das Unternehmen Zinli gegründet hat. Dessen Ziel besteht darin, allen Menschen auf dem amerikanischen Kontinent die Möglichkeit zu eröffnen, online einzukaufen. In vielen lateinamerikanischen Ländern hat bisher ein Großteil der Bevölkerung nach wie vor diese Möglichkeit nicht – so wie hier in Panama, wo über 47 Prozent der Menschen keine Kreditkarte besitzen. Zinli hat daher ein Bankingsystem mit eigener Kreditkarte entwickelt, welches an lokale Banken angedockt werden kann. „Die Wahlfreiheit zu haben, selbst zu entscheiden, ob ich online oder offline einkaufe, sollten alle haben“, sagt Javier mit leuchtenden Augen. Sein engagiertes Team baut daher an der digitalen Gleichberechtigung, gerade für benachteiligte Menschen.
Es tut das mit einem Leader-to-Leader-Ansatz: Alle Mitarbeitenden sollen sich so fühlen, als ob sie in ihrem eigenen Arbeitsbereich selbst General Manager sind. Statt einem Leader-to-Follower-Ansatz zu folgen, bedeutet dies, dass viel Verantwortung in den Teams und bei den Menschen liegt, nicht bei einer einzelnen Person. Javier erklärt die Intention dahinter: Je mehr Personen selbstständig entscheiden können, desto schneller kann das eigene Produkt weiter verbessert werden. Das Leitbild, dass alle symbolisch General Manager sind, hilft den Mitarbeitenden dabei, mutige Entscheidungen zu treffen und proaktiv den Kunden und Kundinnen das bestmögliche Erlebnis zu bieten, so Javiers Erfahrung.
Uns inspiriert unterdes ein bestimmtes Konzept bei Zinli ganz besonders: die sogenannten Ninja-Projekte. Gewöhnlich arbeiten die Teams in dem Unternehmen mit dem Scrum Framework. Aber wenn etwas Unerwartetes oder Ungewöhnliches geschieht oder wenn irgendwo digital etwas kaputtgeht, braucht es eine andere Vorgehensweise; dann ist es wichtig, dass man blitzschnell reagieren kann.
... ist eine moderne Walz, auf der das Unternehmerpaar Anna und Nils Schnell (Beratungsfirma MOWOMIND) innovative Unternehmen weltweit besucht. Das „Abenteuer Arbeit“ führte sie bisher durch mehr als 46 Länder, und sie führten Gespräche mit mehr als 180 Vordenkern und Vordenkerinnen, aus denen sie neun Modern-Work-Prinzipien abgeleitet haben. Zu den bisherigen Reisen ist bei managerSeminare der Artikel „Agile Weltreise – New Work global“ (managerseminare.de/MS265AR03) erschienen und im Gabal Verlag das Buch „Die Modern Work Tour – Eine Weltreise in die Zukunft unserer Arbeit“. Über ihre aktuellen Erlebnisse informieren Anna und Nils Schnell regelmäßig auf ihrem Youtube-Kanal „The Schnells“.
Bei so einem dringenden Bedarf wird bei Zinli spontan und auf die Schnelle ein Mini-Team von maximal fünf Personen gebildet, das – selbstständig und mit Vollfokus auf die Sache – in einer kurzen, intensiven Arbeitseinheit zusammenarbeitet, um das Problem zu beheben. „High speed, high energy“, bringt Zinli-CTO Norberto den Effekt lachend auf den Punkt. Er erklärt uns aber auch, dass die Ninja-Projekte nicht nur Spaß machen. Sie sind häufig auch eine echte Herausforderung. Deswegen ist die Teilnahme daran freiwillig. Denn es kann auch passieren, dass einfach einmal die ganze Nacht durchgearbeitet wird; dafür ist das Ninja-Projekt im besten Fall dann aber auch schon am nächsten Tag fertig.
Ebenfalls in der „Stadt des Wissens“ treffen wir Frank Terrientes, einen im besten Sinne des Wortes umtriebigen und sehr erfolgreichen Seriengründer, der unter anderem gerade die Logistikbranche in Zentralamerika aufmischt. Wir treffen Frank im gemischten Büro zweier seiner Unternehmen, Boxit und Xplor – und sind begeistert von dem Gründer, ist er doch gleichermaßen datengetrieben und philosophisch. Frank erzählt uns, dass gut laufende Unternehmen seiner Meinung nach wie eine Jazzband funktionieren: Alle können zwischendurch improvisieren und haben trotzdem einen gemeinsamen Flow, einen gemeinsamen Rhythmus. Auf diese Weise können alle Mitarbeitenden im Rahmen der gemeinsamen Unternehmensvision mutig etwas ausprobieren oder ihr „Solo spielen“, wie Frank es ausdrückt. Uns gefällt das Bild der Jazzband. Auch wenn man nicht immer direkt durchschaut, wer gerade warum was macht, passt es dennoch gut zusammen.
Diese Art des Vertrauens untereinander aufzubauen, bringt eine besondere Vorgehensweise mit sich: Da Seriengründer Frank (wie viele von uns) grundsätzlich zu viel arbeitet, hat er zusammen mit seiner Frau eine „Liste der Verantwortung“ aufgesetzt. Auf dieser Liste stehen die wichtigsten Punkte, für die Frank sich verantwortlich fühlt – beruflich wie privat. Diese Liste ist Grundlage seiner Tages- und Wochenplanung – und hilft ihm dabei, gute Entscheidungen zu treffen. Bei der Erstellung musste Frank feststellen, dass er sich für zu viele Dinge verantwortlich sieht und hat sich zuerst einmal darum gekümmert, die Liste zu kürzen. Diese Aufmerksamkeit und Erkenntnis spielt übrigens auch uns in die Karten, denn mittlerweile steht auf Franks Liste auch, dass er sich regelmäßig Inspiration von außen holen will.
Dass wir uns treffen, liegt vor allem daran, dass wir proaktiv aufeinander zugehen und aufeinander reagieren – weil wir ein Momentum vermuten. Das hat uns auf der Modern Work Tour schon häufig zu inspirierenden Menschen geführt. Und Frank macht es in seinem Unternehmen ganz ähnlich. Er stellt sich immer wieder die Frage: „Was bringe ich ein, um Synergien mit anderen zu schaffen?“ Seiner Meinung nach braucht Synergie von beiden Seiten einen Extraschritt: Es ist wichtig, herauszufinden, was man „wirklich, wirklich will“, und gleichzeitig anderen klarzumachen, was man bereit ist, zu geben.
Wir meinen: Das entspricht nicht nur dem Gedanken von Frithjof Bergmann, sondern auch dem Modern-Work-Prinzip sinnstiftender Arbeit. Denn Synergien passieren nicht einfach so, quasi durch Zufall. Sie müssen vielmehr bewusst gestaltet werden – von allen Beteiligten. Für viele Unternehmen ist das noch keine Selbstverständlichkeit. Wir nehmen von dem Treffen mit Frank mit, dass es sehr wichtig ist, im Unternehmen ein aktives Bewusstsein dafür zu entwickeln.
Nach unseren Treffen, die uns gezeigt haben, wie viel es wert ist, Synergien zu schaffen, schauen wir auch noch mal ganz anders auf den berühmten Panama-Kanal. In dem Dokumentationsfilm im Visitor Center erklärt uns Samuel Jackson, dass es sich um einen Kanal handelt, der ein Land teilt, um die Welt zu verbinden – und wir stimmen Janosch zu: Panama ist schön. Und die Menschen hier halten nicht nur große Stücke auf ihr Land, ihre Stadt, sie sind auch ausgesprochen bemüht, einander zu helfen. In kaum einem anderen Land in Zentralamerika wird auch uns so viel Unterstützung angeboten und Aufmerksamkeit entgegengebracht. In Panama-Stadt erleben wir eindrucksvoll, wie die Zukunft der Arbeit durch das ständige Mit- und-voneinander-Lernen gestaltet wird. Das macht uns neugierig auf die kommenden Länder, die wir auf unserer Modern Work Tour bereisen werden: Costa Rica, Nicaragua, Honduras und Guatemala.