Ein Paradebeispiel ist Helmut Schmidt: Der Altbundeskanzler und Publizist dachte auch nach dem Ende seiner aktiven politischen Laufbahn in keinem Moment daran, sich zur Ruhe zu setzen. Der Mittneunziger ist bis heute Herausgeber der Zeitung Die Zeit und steht voll im öffentlichen Leben. Polit-Promi Schmidt ist indes nicht der einzige Rentner mit Programm. In der Sphäre der gehobenen Angestellten gehört es mittlerweile zum guten Ton, sich nach dem Ende der Erwerbstätigkeit nicht mehr in den 'wohlverdienten Ruhestand' zu verabschieden, sondern – augenzwinkernd und doch ernst gemeint – in den 'Unruhestand'. Man habe noch viel vor, wolle sich noch einige Jährchen nützlich machen, heißt es frohgemut in den Abschiedsreden.
Physisch gesehen haben die tatendurstigen Senioren gute Chancen. Auf die letzte Vollbeschäftigung folgt heute für die meisten eine neue Lebensphase, die es damals noch nicht gab. Seit 1900 hat sich das durchschnittliche Lebensalter verdoppelt. Zwischen Arbeitsende und sehr hohem Alter ist ein neuer Lebensabschnitt entstanden, der sinnvoll gefüllt sein will. Was allerdings oft gar nicht so leicht ist – selbst wenn die Voraussetzungen stimmen, das heißt, finanzielle Absicherung, geistige und körperliche Fitness vorhanden sind.
Für mein Buchprojekt habe ich 21 ehemalige Manager in mehrstündigen Interviews über ihre Erfahrungen mit dem Ausstieg aus der letzten Vollzeitbeschäftigung befragt und außerdem Gespräche mit sechs Experten geführt – und Zweierlei festgestellt. Erstens: Der Begriff 'nachberufliche Phase' ist in immer mehr Fällen irreführend. Meine Ansprechpartner jedenfalls sehen sich nicht im Ruhestand. Und zweitens: Das heißt nicht, dass ihnen der Übergang problemlos gelungen wäre. Dafür gibt es Gründe.
Extras:- Acht Tipps für einen guten Übergang
- Literaturtipps: Kurzrezensionen von vier Büchern über den produktiven Ruhestand