Management

Lehren von Luhmann
Lehren von Luhmann

Dumme Ideen sind oft unaufhaltsam

Bei vielen Entscheidungen, die in Organisationen getroffen werden, kann man sich nur an den Kopf fassen. Man fragt sich, wie etwas derart Sinnfreies bloß abgenickt werden konnte. Doch folgt man den Einsichten Niklas Luhmanns, wird klar: Dass sich dumme Ideen und Beschlüsse oft durchsetzen, ist kein Zufall, sondern eine Folge sozialer Dynamiken, denen sich Menschen in Interaktionen kaum entziehen können.

Preview

Folgenschwere Weichenstellungen: Wie Interaktionssituationen ein Eigenrecht entwickeln

Mitspielen im Drama: Warum es Menschen schwerfällt, sich der Eigendynamik von Interaktionssituationen zu entziehen

Besser früh als spät: Warum es sinnvoll ist, Irritationen in Interaktionssituationen zeitig zu benennen

Schlaue Entkoppelung: Warum es sinnvoll sein kann, das organisationale Handeln ein Stück weit von dem zu entkoppeln, was in Meetings entschieden wurde


Cover managerSeminare 300 vom 17.02.2023Hier geht es zur gesamten Ausgabe managerSeminare 300

In Organisationen spielen sich viele Dramen ab. Doch wenige haben so viel Komik wie jene Situationen, in denen sich Organisationsmitglieder mit den überraschenden Konsequenzen ihrer eigenen Entscheidungen konfrontiert sehen. Die Art und Weise, wie insbesondere hierarchisch höhergestellte Personen mit der Erkenntnis umgehen, ehemals auf Basis von falschen Annahmen gedacht, diskutiert und entschieden zu haben, folgt oft einer ähnlichen Choreografie. Die erste Reaktion ist Empörung: „Wer hat DAS bitte entschieden?!“ Bei der Untersuchung der Umstände folgt dann Verwunderung: „Oh, anscheinend ich. Jedenfalls war ich dabei.“

Gute Führungskräfte gehen anschließend auf ihre Mitarbeitenden zu und fragen nach, wie es dazu kam, dass sie nicht aufgehalten wurden. Wenn es gut läuft, erinnern sich dann alle an die Kommunikationsprinzipien, auf die man sich im Unternehmen geeinigt hat: „Fehler, falsche Annahmen oder schlechte Ideen immer direkt ansprechen.“, „Keine falschen Schlüsse darüber ziehen, was jemand anderes erwartet, sondern besser direkt nachfragen.“, „Weniger zwischen den Zeilen lesen und mehr explizit machen.“, „Unabhängig von der Hierarchie keine Angst davor haben, in die Konfrontation zu gehen.“

Interaktionssituationen entfalten ein Eigenrecht

In der Tat gibt es zahlreiche Hilfsmittel, um in Meetings eine offenere Kommunikation zu ermöglichen und eine Meetingkultur zu etablieren, die Formen der Irritation zulässt. Eine derartige Offenheit ist Organisationen im Endeffekt dienlicher und spart ihnen auf lange Sicht mehr Ärger ein, als wenn Unstimmigkeiten und Kritik von den Teilnehmenden in Interaktionssituationen unterdrückt werden. Doch gibt es einen Umstand, der es erheblich erschwert, in einer Interaktionssituation offen miteinander umzugehen, der sich aber nicht auflösen lässt, weil er jedes Treffen zwingend begleitet: „das Eigenrecht der Situation“, wie Niklas Luhmann es nennt. Gemeint ist, dass jede Zusammenkunft nach einer Reihe eigener Gesetzmäßigkeiten verläuft, die man nicht aushebeln kann.

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