Kommunikativ, empathisch, diplomatisch – Frauen gelten oft als die angenehmeren Chefs, weil sie angeblich weiblicher und daher besser führen. Eine Studie entlarvt dieses Bild nun als Klischee.
Frau Büttgen, Sie haben in Ihrer Studie die Persönlichkeitsprofile von 300 männlichen und 200 weiblichen Führungskräften ausgewertet – mit welchem Ergebnis?Marion Büttgen: Wir haben festgestellt, dass sich Frauen in Spitzenpositionen weder in den klassischen Persönlichkeitsdimensionen des Big-Five-Tests noch in der sogenannten dunklen Triade, wozu Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie gehören, von ihren männlichen Kollegen unterscheiden. Die Frauen, die sich bis nach ganz oben gekämpft haben, weisen somit genau die Eigenschaften auf, die traditionell eher Männern zugeordnet werden.
Welche Eigenschaften sind das?Sie streben nach Anerkennung und Macht – und sind bereit, diese auch auszuüben. Zudem sind sie emotional stabil und gewissenhaft, fühlen sich überlegen und sind für Kritik ziemlich unempfänglich. Im Test zeigten sich die weiblichen Führungskräfte minimal extrovertierter und deutlich offener für Neues als ihre Kollegen, dafür aber weniger verträglich bzw. anpassungsfähig. In der dunklen Triade erzielten Frauen und Männer fast identisch hohe Werte.
Frauen auf dem Chefsessel sind also keineswegs empathischer und ko-operativer – wie oft behauptet wird?Nein. Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass Frauen in einer höheren Position sogar eher dazu neigen, ihren Willen um jeden Preis durchzusetzen.
Ihre Studie schlägt derzeit hohe Wellen – vermutlich auch, weil sie einige Argumente widerlegt, die in der Diskussion um die Erhöhung des Frauenanteils im Topmanagement oft genannt wurden. Zum Beispiel, dass weibliche Führung zu einem besseren Betriebsklima führt. Wir haben festgestellt, dass die Frauen, die sich derzeit in den obers-ten Führungsebenen befinden, in puncto empathischerem, sensiblerem Führungsstil keine Bereicherung für Unternehmen sind. Leider. Das muss aber nicht so bleiben.
Wie meinen Sie das?Um sich als Führungskraft durch-zusetzen, ist offenbar ein bestimmtes Persönlichkeitsschema nützlich. Frauen, die diesem – eher männlichen Prototypen – entsprechen, haben größere Chancen, es nach oben zu schaffen als andere. Durch Quotenregelungen könnte bewirkt werden, dass insgesamt mehr Frauen in Führungspositionen gelangen – und damit auch mehr Frauen, die eher dem weiblichen Stereotyp entsprechen. Das würde in der Führung von Unternehmen vermutlich einiges verändern.
(Marion Büttgen ist Professorin am Lehrstuhl für Unternehmensführung an der Universität Hohenheim. Die Studie führte sie zusammen mit Christian Mai von der Business School GGS Heilbronn durch.)