Führung meets Coaching
Führung meets Coaching

Zurückblicken aus der Zukunft

Martin Wehrle stellt eine Methode aus dem Coaching vor, mit der sich in Mitarbeitergesprächen der Blick gezielt auf das Zukünftige, auf das, was (noch) gestaltbar ist, richten lässt – und zwar in mehreren Dimensionen.

Wenn Sie mich fragen, worunter die meisten Mitarbeitergespräche leiden, fallen mir zwei Punkte ein. Erstens laufen diese Gespräche oft sehr formal ab: Man arbeitet sich durch einen Beurteilungsbogen, hechelt den Formalien hinterher und betrachtet es als schönsten Moment des Gespräches, wenn man sich voneinander verabschiedet und die lästige Pflicht hinter sich gebracht hat.

Der zweite häufige Fehler ist die zeitliche Blickrichtung. Es wird zu 80, 90, manchmal sogar zu 100 Prozent über die Vergangenheit gesprochen. Inwiefern hat das Teammitglied seine Aufgaben im vergangenen Jahr erfüllt? Was lief gut in der Kommunikation mit der Führungskraft, wo gibt es noch Verbesserungspotenzial? Welche Ziele wurden in welchem Umfang erreicht? Natürlich ist es richtig, eine solche Bilanz zu ziehen. Aber stellen wir uns einmal vor, ein Fußballtrainer würde in der Halbzeit nur über die Szenen der ersten Halbzeit sprechen, statt mit seinen Spielern eine Strategie für die zweite und entscheidende Hälfte des Spieles zu entwickeln. Ziemlich unklug, oder? Denn was war, ist nicht mehr zu verändern. Was kommt, lässt sich noch gestalten.

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Und genau deshalb ist es wichtig, in Mitarbeitergesprächen immer auch den Blick nach vorne, auf das Gestaltbare zu richten, idealerweise sogar den Fokus darauf zu legen. Zum Beispiel, indem man mit dem Teammitglied in eine Zeitmaschine steigt – so zumindest der Name der Coachingmethode, die sich dafür anbietet. Der Begriff „Zeitmaschine“ darf und sollte dabei ruhig fallen, er ist schön plastisch und hilft daher bei der Vorstellung. Das kann dann etwa so klingen: Hast du Lust, mit mir einmal in eine Zeitmaschine zu steigen? Stell dir vor, die kommenden zwölf Monate sind vergangen. Was hast du bis dahin idealerweise erreicht?

Der große Vorteil einer solchen Zukunftsperspektive besteht darin, dass man von dort aus zurückblicken kann. Etwa mittels solcher Fragen: „Nun hast du in zwölf Monaten das gerade Beschriebene erreicht. Was waren deine ersten Schritte auf dem Weg dorthin? Welche Aufgaben haben dir die größte Freude bereitet? Welche Hindernisse sind aufgetaucht, und wie genau hast du sie bewältigt? Welche deiner Talente und Fähigkeiten haben sich auf diesem Weg als besonders hilfreich erwiesen? Welche anderen Ressourcen hast du genutzt? Wer hat dich auf deinem Weg wie unterstützt? Was habe ich getan? Was ist in unserer Zusammenarbeit vielleicht noch besser gelaufen als im vergangenen Jahr – und was hast du dazu beigetragen und was ich?“

Die Zeitmaschine gibt einem die Möglichkeit, die Perspektive immer wieder zu wechseln, zum Beispiel auch mal aus der Entfernung von fünf Jahren zu schauen. Ein solcher zeitlicher Abstand hilft dabei, zwischen Wichtigkeiten und Nichtigkeiten zu unterscheiden. Was uns aus (zeitlich) naher Distanz groß und wichtig erscheint, wirkt aus der (zeitlichen) Ferne oft nichtig und klein. Ebenso fördert er ein Denken, das nicht auf einem „Weiter so“ basiert, sondern den ständigen Wandel berücksichtigt. Und zudem zieht das zeitliche Umdenken automatisch ein inhaltliches nach sich. Ein und dasselbe Thema wird so aus verschiedenen Blickwinkeln ausgeleuchtet. So bringt die Zeitmaschine neue Ebenen ins Gespräch, sie macht es multidimensional – und damit effektiver und kreativer.

Der Autor: Martin Wehrle ist Karrierecoach und Coachausbilder mit eigener Akademie in Hamburg. Sein aktuelles Fachbuch heißt „Die 50 kreativsten Coaching-Ideen“. Kontakt: karriereberater-akademie.de

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