Führung meets Coaching
Führung meets Coaching

Selbstbewusst durch Sorgen

Wie Führungskräfte Sorgen der Mitarbeitenden als Ansatzpunkt nutzen können, um sie bei der Entwicklung ihres Selbstbewusstseins zu unterstützen.

„Ich bin in Sorge, dass wir den Termin nicht schaffen“, sagt die Mitarbeiterin. Und die Führungskraft antwortet: „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, wir bekommen das schon hin.“ Oder ein wichtiger Kunde sagt: „Ich habe Zweifel, ob das neue Produkt wirklich so gut wie das alte ist.“ Und die Verkaufsmanagerin entgegnet: „Für diese Zweifel gibt es keinen Anlass: Das neue Produkt ist sogar noch besser.“ Beide Antworten folgen einem Impuls, der aus unserer Kindheit stammt: Wenn wir als Kinder traurig waren, wurden wir getröstet, wenn wir ängstlich waren, ermutigt, wenn wir zweifelten, überzeugt.

Einerseits gab uns dieses typische „Erwachsenverhalten“ ein Gefühl von Sicherheit. Andererseits hat es in uns selbst eine Neigung entstehen lassen, Schattengefühle bei anderen einfach wegzuwischen. Nicht nur bei Kindern, sondern genauso bei erwachsenen Menschen. Bei Letzteren ist der entsprechende Versuch jedoch in der Regel kontraproduktiv. So wird etwa die Mitarbeiterin aus dem Eingangsbeispiel wahrscheinlich den Eindruck gewinnen: „Entweder nimmt er meine Sorge nicht ernst. Oder er hält mich für übertrieben empfindlich.“ Beides gefällt ihr nicht. Und deshalb steigt die Chance, dass sie alles tut, um ihre Sorge noch deutlicher sichtbar zu machen. Der Versuch, sie aus der Sorge zu holen, drängt sie also tiefer in die Sorge hinein und bringt sie dazu, noch mehr darüber zu reden.

Besser ist es in einem solchen Fall, wie ein guter Coach vorzugehen. Ein solcher geht davon aus: Jedes Gefühl entsteht aus gutem Grund und kann für einen Menschen hilfreich sein – auch Sorge und Angst, auch Zweifel und Traurigkeit. Deswegen würde sie oder er so eine Gefühlsäußerung niemals wegwischen, sondern sich vielmehr überlegen, welche positive Selbstaussage hinter dem Gefühl steckt – und diese dann beim Gegenüber sichtbar machen. In der Folge kann das scheinbar negative Gefühl in dessen Wahrnehmung mitunter in einem völlig neuen Licht erstrahlen.

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So hätte die Führungskraft zum Beispiel sagen können: „Deine Terminsorge zeigt mir, wie wichtig es dir ist, den Kunden pünktlich zu beliefern.“ Das gleicht einer kopernikanischen Wende. Jetzt ist die Sorge kein Malus mehr, sondern ein positives Zeichen. Und nun lässt sich eine Brücke bauen, um die Sorge ernst zu nehmen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Etwa so: „Lass uns mal schauen, was wir unternehmen können, um die Terminsituation zu entspannen.“ Durch die Wir-Form setzt sich die Führungskraft mit der Mitarbeiterin in ein Boot. Sie belehrt sie nicht, sondern bezieht sie ein. Oft finden sich so die besten Lösungen.

Wann immer wir den Impuls verspüren, eine andere Person zu trösten, zu beschwichtigen oder zu beruhigen, lohnt es, die Methode auszuprobieren. Denn jedes Gefühl geht mit positiven Botschaften einher: Wer wütend wird, zeigt dadurch, dass er bereit ist, für seine Werte zu kämpfen. Und wer verzweifelt ist, dokumentiert damit, wie wichtig ihm oder ihr eine Lösung ist. Durch eine Gesprächsführung, die solche Gefühle herausarbeitet und würdigt, lassen sich Menschen auf einer tieferen Ebene erreichen, und es kann ihnen im wahrsten Sinn des Wortes zu mehr Selbst-Bewusstsein verholfen werden.

Der Autor: Martin Wehrle ist Karrierecoach und Coachausbilder mit eigener Akademie in Hamburg. Sein aktuelles Fachbuch heißt „Die Coaching-Schatzkiste“. Kontakt: www.karriereberater-akademie.de

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