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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Martin Wehrle aus managerSeminare 323, Februar 2025
Wer regelmäßig mit Teammitgliedern über Probleme und Herausforderungen spricht, kennt das: Irgendwann drehen sich die Gedanken im Kreis. Der Blickwinkel wird kaum verändert, die Überlegungen wiederholen sich. Mit einer kleinen Methode aus dem Coaching lässt sich der fruchtlose Gedankenkreislauf durchbrechen – und Lösungen können sozusagen herbeizitiert werden. Und zwar im wörtlichen Sinne.
Das Gegenüber wird gebeten, sich ein Zitat auszusuchen, online oder aus einem Zitatebuch. Die dazugehörige Regieanweisung kann etwa so lauten: „Hast du Lust, die Situation durch eine völlig neue Brille anzuschauen? Vielleicht kommen dir ein paar neue Gedanken. Such dir doch mal ein Zitat aus, das dich besonders anspricht. Und dann schauen wir gemeinsam, inwiefern dir das mit Blick auf die aktuelle Herausforderung helfen kann.“
Gerade habe ich diese Übung mit einem mittleren Manager durchgeführt, der seine Abteilung als eine einzige Baustelle wahrnahm. Zu wenige Hände kämpften mit zu viel Arbeit. Vor lauter Tagesarbeit blieben konzeptionelle Gedanken auf der Strecke. Und schließlich gab es Spannungen zwischen einigen Teammitgliedern, weil die Kompetenzen offenbar nicht klar geregelt waren.
Der mittlere Manager tippte in meinem Büchlein mit Zitaten spontan auf einen Ausspruch der US-Autorin Helen Keller: „Ich weinte, weil ich keine Schuhe hatte, bis ich einen traf, der keine Füße hatte.“ Daraufhin fragte ich: „Inwiefern kann dieses Zitat Ihren Blick auf die Situation verändern?“ – „Nun“, sagte er, „es gibt eine andere Abteilung bei uns im Haus, da haben in den vergangenen Monaten drei wichtige Mitarbeiter gekündigt. Meine Abteilungsleiter-Kollegin geht wirklich auf dem Zahnfleisch. Verglichen damit sind die Probleme in meinem Bereich überschaubar.“
„Angenommen, diese Kollegin würde ab morgen Ihren Job bekommen: Was würde sie dann als besser erleben als in ihrer aktuellen Position?“ – „Dass in ihrer neuen Abteilung immerhin noch Abgabetermine gehalten werden. Dass Arbeiten zurückgestellt werden können, ohne damit wirkliche Probleme zu verursachen. Und dass die meisten Teammitglieder sich doch gut verstehen, die Spannungen gehen lediglich von zweien aus.“ Ich stellte ihm noch mehrere Fragen, die er aus der Perspektive seiner Kollegin beantwortete. Und je länger er sprach, desto mehr entspannten sich seine Gesichtszüge. Auf einmal sah er seine Herausforderungen, die ihm vorher unüberwindbar vorgekommen waren, als machbare Aufgaben an, denen er gewachsen ist – und begann sogar direkt damit, Lösungsansätze zu entwickeln.
Warum lässt sich mit dieser Methode frischer Wind ins Denken anderer Menschen bringen? Weil die meisten Probleme aus der Art bestehen, wie wir auf sie schauen. Oft sind es alte Denkmuster, die uns in einem Problemzustand gefangen halten. Ein neuer Blickwinkel schenkt uns neue Einschätzungen, neue Ideen und neuen Schwung. Oft schon habe ich erlebt, dass Klienten und Klientinnen, die mit hängendem Kopf in die Beratung geschlurft waren, nach dieser Übung voller Energie zurück in ihren Arbeitsalltag gegangen sind.
Testen Sie die Methode an sich selbst: Was passiert, wenn Sie Ihren heutigen Tag durch die Brille des Helen-Keller-Zitates betrachten „Ich weinte, weil ich keine Schuhe hatte, bis ich einen traf, der keine Füße hatte“?
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