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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Martin Wehrle aus managerSeminare 277, April 2021
Wie kommt es, dass sich Menschen bei der Arbeit so leicht zanken? Warum hegen sie so oft Groll und sind voneinander frustriert? Meist fehlt es an Empathie. Jeder und jede ist gefangen im eigenen Erleben. Die Ausschläge auf der eigenen Gefühlsskala nehmen Menschen sensibel wahr, etwa die eigene Wut auf eine andere Person. Aber sich in diese hineinzuversetzen, darauf verwenden die wenigsten Energie.
Wann immer es zu Konflikten kommt, leidet die Arbeit. Informationen fließen nicht mehr reibungslos, Schaukämpfe brechen los, und persönliche Animositäten stehen sachlichen Notwendigkeiten im Weg. Treibt ein Konflikt im eigenen Team sein Unwesen, sollte man als Führungskraft daher nicht wegschauen, sondern versuchen, die beiden Konfliktpartner wieder auf eine konstruktive Bahn zu lenken. Aber wie? Eine Möglichkeit ist, mit ihnen ein gemeinsames Schlichtungsgespräch zu führen. Doch oft erlebt man dabei eine böse Überraschung. Zum Beispiel streiten die Konfliktparteien ab, überhaupt einen Konflikt zu haben. Oder beide fühlen sich durch die Anwesenheit des anderen veranlasst, sich noch tiefer in den eigenen Standpunkt zu vergraben.
Effektiver und geräuschloser lassen sich Konflikte im Anfangsstadium durch Einzelgespräche klären. Ein Instrument aus dem Coaching kann dabei helfen: die zirkuläre Gefühlsfrage. Damit wird eine Person nicht nur in den Kopf, sondern auch ins Herz ihres Konfliktpartners versetzt. Zum Beispiel schildert eine Mitarbeiterin, ihr Kollege habe einen Arbeitsfehler vor ihr verheimlicht, weshalb sie gegenüber einem Kunden in Schwierigkeiten geraten sei. Die klassische zirkuläre Frage würde sie in den Kopf des Kollegen versetzen: „Mal angenommen, der Kollege wäre jetzt hier: Was würde er wohl antworten, welche Umstände zu dem Fehler geführt haben?“ Diese Frage ist hilfreich, weil sie einen Perspektivenwechsel anregt. Aber wenn starke Emotionen im Spiel sind, wie bei Konflikten, ist es noch wirksamer, zirkulär nach Emotionen zu fragen. Mögliche Gefühlsfragen könnten hier sein: „Was glaubst du: Wie fühlt sich dein Kollege damit, dass ihm dieser Fehler passiert ist?“, „Welche Gefühle könnten ihn dazu veranlasst haben, den Fehler vor dir zu verbergen?“, „Was empfindet er wohl, wenn du ihn so deutlich auf seine Fehlentscheidung hinweist?“, „Mal angenommen, deine Kritik löst starke Gefühle in ihm aus, die er aber nicht offen zeigen will – welche Gefühle könnten das sein?“
Wer eine Person nach den Gefühlen ihres Konfliktpartners fragt, erinnert sie daran, dass dieser ebenfalls Gefühle hat – dass auch er ein verletzbarer und fehlbarer Mensch ist. Diese Gemeinsamkeit wiegt stärker als alles Trennende und verändert so oft den Blickwinkel: Statt die Handlungen des anderen als gezielte Angriffe zu erleben, werden sie eher als menschlich wahrgenommen. Ein Einzelgespräch mit zirkulären Gefühlsfragen kann die Konfliktpartner auch dazu animieren, auf einer neuen Ebene miteinander zu sprechen: über ihre Gefühle. Das kann extrem heilsam sein und Konflikte sofort entschärfen.
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