Für alle Fragen rund um unsere Webseite, unsere Medien und Abonnements finden Sie hier den passenden Ansprechpartner:
Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Martin Wehrle aus managerSeminare 292, Juli 2022
„Was stört dich im Moment bei deiner Arbeit?“ Diese Frage ist einfach, wird aber viel zu selten gestellt. Jede Störung ist wie ein großer Stein in der Strömung, an dem sich das Wasser bricht. Der Arbeitsfluss wird verlangsamt und dreht sich im Kreis, die Motivation lahmt. Denn Menschen verbringen viel Zeit damit, über das Störende nachzudenken. Solche Gedanken lenken von der Aufgabe ab und ziehen die Leistung nach unten. Darum hat es sich im Coaching bewährt, direkt zu fragen, was jemanden im Moment bei der eigenen Arbeit stört. Die Formulierung „im Moment“ deutet an, dass der Ist-Zustand sich verändern lässt. Dieses Hindernis war (meist) nicht schon immer da, und es wird auch nicht immer bleiben. Denn sobald das Gegenüber geantwortet hat, folgt eine konstruktive Frage: „Was kannst du tun, um das Störende zu beseitigen?“
Ein Beispiel für die Nutzung der „Entstörungs-Frage“ im Führungskontext: Eine Teamleiterin stellt sie einem Teammitglied, das daraufhin antwortet: „Mich stört, dass ich immer so enge Abgabetermine habe. Das zwingt mich dazu, in einer Qualität zu arbeiten, die hinter meinen eigenen Ansprüchen zurückbleibt.“ Nun könnte die Führungskraft alle drei genannten Parameter nacheinander abfragen: den zeitlichen Aspekt, die Qualität und die eigenen Ansprüche. Eine erste Frage könnte sein: „Inwiefern hast du die Möglichkeit, die Termine großzügiger zu gestalten?“ Vielleicht findet das Teammitglied einen Weg – der beispielsweise darin besteht, schon in der ersten Planungsphase mehr Zeit auszuhandeln. Vielleicht aber auch nicht.
Was aber garantiert in seinem Einfluss liegt, sind die beiden subjektiven Aspekte: seine Qualitätsdefinition und sein Anspruch. Auf diese fokussierend könnte die Teamleiterin etwa fragen: „Welche Teile deiner Arbeit gelingen dir so, dass du trotz der engen Zeitvorgaben mit ihnen zufrieden bist?“, „Inwieweit sind die Kunden mit den Ergebnissen zufrieden?“ Oder: „Welche Haltung zur eigenen Arbeitsqualität könnte dich innerlich entspannen?“ Durch solche Fragen merkt das Teammitglied, dass es der Situation nicht ausgeliefert ist, sondern sie durch eigene Bewertungen verändern kann.
Ebenso könnte die Führungskraft das Teammitglied dazu anregen, die eigenen Ansprüche zu prüfen, etwa indem sie es fragt, inwiefern es seine eigene Arbeit kritischer sieht als andere, zum Beispiel Kundinnen und Kollegen. Oder sie fragt, wo es seinen Anspruch auf einer Skala von eins (für kaum vorhanden) bis zehn (für extrem hoch) einordnet – und was jeweils passieren würde, wenn es auf der Skala einen Schritt nach unten ginge. Mit welcher Haltung, welcher Zahl, ginge es ihm am besten?
Abschließend dann die Frage: „Was willst du unternehmen, um das Störende zu verändern – äußerlich und in deinem Denken?“ Die Frage nach dem Wollen ist ganz wichtig. Denn es gibt Menschen, die einen Zustand beklagen, aber ihn nicht wirklich ändern wollen. Nun liegt die Verantwortung beim Teammitglied. Und plötzlich wird es eine Vielzahl an Möglichkeiten sehen, während es sich zuvor ausgeliefert gefühlt hat – und sich wahrscheinlich für einen Weg entscheiden, die Situation zu verändern. In Folgegesprächen kann dann nachgehakt werden, inwieweit das gelingt.
Der Dialog übers Störende kann eine Störung beenden, die Zufriedenheit erhöhen und den Arbeitsfluss wiederherstellen. Er kann den Arbeitsalltag im besten Sinne des Wortes „entstören“.
Sie möchten regelmäßig Beiträge des Magazins lesen?
Für bereits 10 EUR können Sie die Mitgliedschaft von managerSeminare einen Monat lang ausführlich testen und von vielen weiteren Vorteilen profitieren.