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Übersicht AnsprechpartnerBeitrag von Martin Wehrle aus managerSeminare 282, September 2021
„Was genau unterscheidet Sie von allen anderen Kollegen und Kolleginnen derselben Hierarchieebene?“ Diese einfache Frage kann sogar sehr erfahrene Führungskräfte in Verlegenheit bringen. Dann hört man Antworten wie: „Im Grunde gar nicht so viel. Wir haben einen ähnlichen Hintergrund.“ Oder: „Vielleicht habe ich etwas mehr Ausdauer. Dafür sind die anderen spontaner.“ Und wenn man konkreter nachhakt: „Was können Sie denn besser als alle anderen?“, klingt die Replik oft ungefähr so: „Ich bin überall ganz gut, aber in keiner Beziehung herausragend. Besondere Stärken habe ich eigentlich nicht.“
Das stimmt nicht. Jeder Mensch kann etwas besonders gut. Nur sind viele Menschen sich ihrer besonderen Fähigkeiten nicht bewusst. Denn sie sind für sie normal. Sie sind ein Teil von ihnen, weshalb sie selbst sie nicht als etwas Besonderes wahrnehmen. Deswegen schenken sie ihnen oft auch kaum Beachtung. Sie nutzen sie nicht gezielt und lassen damit ihr besonderes Potenzial ein Stück weit ungenutzt. Mit Stärken verhält es sich wie mit Werkzeugen in einer großen, etwas chaotischen Kiste: Was nützt mir der richtige Schraubenschlüssel, wenn ich gar nicht weiß, dass ich ihn besitze?
Um die eigenen Stärken ins Bewusstsein zu holen, hat sich im Coaching die Übung bewährt, Menschen zum Markenprodukt zu erklären: „Angenommen, Sie wären ein Markenprodukt und sollten beworben werden – was hätten Sie Besonderes zu bieten?“ Die Fragen dürfen übrigens auch perspektivisch sein: „Mal angenommen, Sie werden in einem Jahr neu aufgelegt – welchen Zusatznutzen wollen Sie dann bieten, was werden Sie noch verbessert haben?“ Im Gespräch wird nun danach geforscht: Was kann dieser Mensch, was die anderen nicht können? Was hebt ihn von allen anderen ab? Was zeichnet ihn aus? Was sind seine herausragenden Stärken und Talente? Und für welche Kunden oder welche Problemstellung ist er der ideale Mann oder die ideale Frau?
Jede Führungskraft, jede Personalentwicklerin kann mit dieser einfachen Übung Mitarbeitende dabei unterstützen, ihre eigenen Stärken zu entdecken und herauszufinden, was sie ausmacht und auszeichnet. Bei einem Autobauer gibt es etwa eine Ausbilderin, die alle ihre Lehrlinge zu dieser Übung einlädt. Meist stottert der Motor zu Beginn, da die Lehrlinge behaupten, sich von den anderen kaum zu unterscheiden. Aber dann stellt die Ausbilderin zirkuläre Fragen und der Motor kommt ins Rollen: „Mal angenommen, ich könnte deine Eltern fragen, wofür du schon immer Talent hattest – was würden sie sagen?“, „Worin bist du nach Meinung deiner Freunde besonders gut?“, „Was, würde mir deine Erzieherin aus dem Kindergarten sagen, hast du schon als Kind früher als andere gekonnt?“, „Wenn ich deine Kollegen hier im Betrieb fragen könnte, was dich von anderen Azubis abhebt – welche Antworten würde ich wohl bekommen?“
Die Frage nach (wahrscheinlichen) Einschätzungen anderer erweitert nicht nur die Perspektive, sondern macht es auch leichter, über sich selbst zu reden. Und genau das ist auch der Clou der kleinen Markenübung: Es ist einfacher, sich selbst als Produkt positive Eigenschaften nachzusagen als sich selbst als Person. So kommt nicht das Gefühl auf, sich mit Eigenlob zu überschütten. Die Übung steigert übrigens nicht nur das Stärkenbewusstsein, sondern auch das Selbstbewusstsein: Wenn Menschen wissen, dass sie etwas besonders gut können, trauen sie sich mehr zu und gehen aufrechter durchs Leben.
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