Vorbehalte gegen Frauen in Führungspositionen sind weiter verbreitet als häufig angenommen. Das hat jetzt eine Studie der Wissenschaftler Adrian Hoffmann und Jochen Musch von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gezeigt.
Die Psychologen vermuteten, dass bei Befragungen zu dem Thema weibliche Führungskräfte das Phänomen der sozialen Erwünschtheit zuschlägt. Sie wählten daher für eine Befragung von rund 1.500 Studierenden sowohl konventionelle Fragetechniken als auch indirekte Fragen, bei denen den Befragten absolute Vertraulichkeit und Anonymität garantiert wurden, um so den Tendenzen der positiven Selbstdarstellung entgegenzuwirken. Die Ergebnisse zeigen, dass bei garantierter Vertraulichkeit und indirekten Fragen deutlich mehr Personen Vorbehalte gegenüber Frauen in Führungspositionen äußern. So gaben bei direkten Fragen nur 23 Prozent der Befragten ihre Vorurteile zu, bei den indirekten Fragen waren es schon 37 Prozent.
Insgesamt stehen Männer Führungsfrauen deutlich kritischer gegenüber: Fast jeder zweite der Befragten (45 Prozent) gab Vorbehalte zu (bei direkter Fragetechnik 36 Prozent). Frauen sind zwar insgesamt weniger vorurteilsbehaftet, unterliegen scheinbar jedoch noch mehr dem Druck der sozialen Erwünschtheit. In direkten Fragen gaben nur zehn Prozent der weiblichen Befragten zu, Vorbehalte gegenüber Frauen in Führungspositionen zu haben, bei der Nutzung der indireken Fragetechnik verdreifachte sich dieser Wert fast. Ein Grund dafür könnte in den Augen der Psychologen sein, dass Frauen sich dazu verpflichtet fühlen, sich untereinander zu solidarisieren. 'Offenbar haben nicht nur viele Männer, sondern auch viele Frauen Vorbehalte gegen weibliche Führungskräfte. Solange dies so ist, werden Frauen auf Führungspositionen möglicherweise auch künftig seltener sein als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht', erklärt Jochen Musch.Â
Diese Vermutung untermauert eine Studie der Initiative 'Chefsache', in der sich Konzerne wie Allianz, Telekom und Lufthansa engagieren. Die Initiative hat rund 5.000 Männer und Frauen online zu ihren Karriereambitionen befragt. Das Ergebnis: Nur 30 Prozent der befragten Frauen streben eine Führungsposition an. Bei den Männern hingegen sind es immerhin 43 Prozent. Die männlichen Befragten sind auch insgesamt zuversichtlicher, ihre Karriereziele zu erreichen. 48 Prozent von ihnen denken, dass sie ihre Ambitionen verwirklichen können, bei den Frauen hingegen glauben dies nur 32 Prozent. Die befragten Männer fühlen sich zudem deutlich seltener mit Vorurteilen aufgrund ihres Geschlechts konfrontiert als die befragten Frauen.