Die Wirtschaftskrise hat mehr Deutsche dazu animiert, ein Unternehmen zu gründen. Jedenfalls war die Zahl der Gründer 2009 höher als in den sechs Jahren zuvor. Das geht aus dem Gründungsmonitor hervor, den die Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Juni 2010 publiziert hat. Der Studie zufolge wagten im Jahr 2009 872.000 Personen den Schritt in die Selbstständigkeit. 'Die Krise hat die Gründungsaktivitäten über unterschiedliche Kanäle belebt', erklärt KfW-Vorstandsmitglied Dr. Axel Nawrath. Zwar seien viele Gründungen aus der Not geboren worden: Jeder fünfte Gründer war vorher arbeitslos, in der Gruppe der Vollerwerbsgründer sogar jeder zweite. Doch aufs Konto der Krise gingen auch sogenannte Chancengründungen, also Gründungen von Menschen, die laut eigener Aussage erst die Rezession auf eine neue Geschäftsidee gebracht habe. Interessant auch: In der Krise wurden im Schnitt mehr Unternehmen mit Mitarbeitern gegründet als in den Vorjahren. Allerdings ist die 'Kindersterblichkeit' unter den Jungbetrieben nach wie vor hoch: Gut ein Viertel ist nach spätestens drei Jahren wieder vom Markt verschwunden.
Deutsche sind risikoscheuDie Gründerzahl ist trotz des Anstiegs im Jahr 2009 im internationalen Vergleich immer noch sehr gering. Dies belegt der noch vor der KfW-Studie im April 2010 publizierte Global Entrepreneurship Monitor 2009 des internationalen Forschungskonsortiums GEM (Global Entrepreneurship Monitor). Dieser Erhebung zufolge befindet sich Deutschland in Sachen Gründungsaktivitäten derzeit lediglich auf Rang 15 von 20 Ländern der OECD und anderen innovationsbasierten Volkswirtschaften. Weiterhin zeigt sich im Monitor einmal mehr, dass hierzulande – mehr als in vielen anderen Staaten – vielfach eine pessimistische, ängstliche Haltung die Gründung eines eigenen Unternehmens verhindert. Dass Gründungsabstinenz sehr viel mit psychologischen Faktoren zu tun hat, weiß auch der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen. Er hat jüngst den Bericht 'Psychologische Expertise für erfolgreiches Unternehmertum in Deutschland' herausgegeben: eine Sammlung von Artikeln, die das Phänomen Unternehmertum aus psychologischer Perspektive angehen und Themen beleuchten wie unternehmerische Entscheidungen, die Unternehmerpersönlichkeit, unternehmerische Eignung und Entrepreneurship-Förderung. Der BDP spricht in dem Bericht auch konkrete Empfehlungen zur Förderung des Unternehmertums in Deutschland aus.
--------------------------------------------------------
Empfehlungen des BDP für eine steigende GründungsquoteDie Politik sollte ...
- ... Maßnahmen zur Gründerförderung schon in Schul- und Hochschulcurricula verankern, stärker vernetzen und regelmäßig evaluieren.
- ... die Vereinbarkeit von Unternehmerexistenz und Familie noch stärker fördern.
Die Wirtschaft sollte ...
- ... fehlerhafte Personalentscheidungen reduzieren, indem Unternehmen bei Personalauswahl und Beförderung stärker auf valide psychometrische Verfahren zurückgreifen.
- ... die Kommunikations- und Führungskompetenz sowohl von Unternehmensgründern als auch Führungskräften fördern.
- ... über Kammern und Verbände dem Thema 'Nachfolgerentwicklung' mehr Aufmerksamkeit widmen.
- ... Nachfolgeprozesse bei Bedarf systematisch begleiten – etwa durch Einzelcoaching.
Schulen und Hochschulen sollten ...
- ... Lehrkräfte für das Thema 'Unternehmerförderung' sensibilisieren und qualifizieren.
- ... effektive Maßnahmen im schulischen Lehrplan verankern.
- ... Gründerförderung für Studenten aller Fakultäten und Fachrichtungen anbieten.
- ... die Angebote zur Förderung des unternehmerischen Denkens und Handelns besser aufeinander und auch besser auf den Bedarf der jeweiligen studentischen Zielgruppe abstimmen.
Die Aus- und Weiterbildungsinstitute sollten ...
- ... ihre herkömmlichen, v.a. auf kaufmännische Qualität ausgerichteten Bildungsangebote für Gründer erweitern und verstärkt Beratungsangebote und Kurse zur Förderung unternehmerischer Soft Skills anbieten – v.a. individuelles Gründungscoaching.
- ... mehr eignungs- und situationsdiagnostische Verfahren einsetzen, um die Erfolgsquote angehender Gründer zu erhöhen und Gründer besser beraten zu können.
Eltern und andere Vorbilder sollten ...
- ... in der Erziehung einen Stil pflegen, der freies kreatives autonomes Denken fördert.
- ... – sofern sie selbst Unternehmer sind – in der Elternrolle eine offene Kommunikation mit ihren Kindern pflegen, um deren Unabhängigkeit zu fördern, aber auch deren Bindung ans Unternehmen zu erhalten.
(Quelle: Gekürzte Version der Empfehlungen aus dem Bericht 'Psychologische Expertise für erfolgreiches Unternehmertum in Deutschland' des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen, Verlag Deutscher Psychologen, Berlin, 2010.)