Der junge Mann im Regionalzug auf dem Weg nach Aachen sieht nach Künstlertum und Laissez-faire aus – bunte Ringe an den Händen, Hut auf dem Kopf. Aber was er da seiner Begleiterin erzählt, das klingt so gar nicht nach dolce far niente, eher nach vollgepacktem Terminkalender: Regietätigkeiten, freier Journalismus, Studium – und heute sage und schreibe der erste freie Tag seit drei Monaten. Statt unter der Last zu stöhnen, findet der Mittzwanziger sein Marathonprogramm aber völlig okay. Erstaunlich?
Nicht, wenn man am 25. September 2012 zufällig im selben Zug saß, von der Messe Zukunft Personal in Köln kam und kaum zwei Stunden zuvor den Vortrag von Horst W. Opaschowski gehört hatte. Der Zukunftswissenschaftler und Berater für Politik und Wirtschaft nämlich hatte in seiner Keynote auf der Messe ein Bild gezeichnet, das haargenau zu dem Hochleister im Zug passte. Opaschowski sprach von einer sich schon heute anbahnenden 'Leistungsexplosion' bei der Jugend. Wenn jemand das Credo von der Leistungsgesellschaft verinnerlicht habe, dann sei sie es, will der Wissenschaftler festgestellt haben.
Aber auch gesamtgesellschaftlich hat sich das Verhältnis zur Arbeit gewandelt, erklärte Opaschowski. Angesichts der Erkenntnis, dass ständige Wohlstandssteigerung nicht mehr möglich ist, hätten sich die Werte verschoben. Arbeit soll nun nicht mehr Reichtum bringen, sondern ein gutes sicheres Leben ermöglichen. Und: Sie soll an sich lebenswert und erfüllend sein. 'Es gibt eine neue Lust an Leistung', konstatierte Opaschowski.
Extras:- Von Globalisierung der Arbeitswelt über Leistungsexplosion bis Gesundheitsorientierung: Zehn große Zukunftstrends
- Literaturtipp: Kurzrezension eines Buchs über die Lebenswelt der Zukunft