Mitarbeiter, das belegen zahllose Studien, sind motivierter, wenn sie unter einer ethisch orientierten Führung arbeiten. Sie haben mehr Spaß an der Arbeit und sind seltener krank. Es lohnt sich also, ethisch zu führen. So weit, so klar. Die Frage ist nur: Nach welcher Art von Ethik soll geführt werden? Es gibt nämlich mehr als nur eine. Und nicht alle taugen was.
Ein Geistlicher sagte einmal zu mir, Ethik sei der Entschluss, das Gute zu verwirklichen. Aber reicht eine gute Absicht schon für eine tragfähige Ethik? Ich habe einmal eine Talkshow gesehen, in der ein Vater auf die Frage, ob er seine Kinder schlagen würde, im Brustton der Rechtschaffenheit sagte: 'Ja, ich tue es aus Liebe, damit anständige Menschen aus ihnen werden.' Wieviel Unheil wurde schon von solchen Gutmenschen und selbsternannten Weltverbesserern angerichtet, die in bester Absicht ihre Umwelt terrorisieren.
Auch wenn es widersprüchlich klingt: Solches Handeln – wie unsinnig oder empörend es im Einzelfall auch scheint – ist durchaus ethisch. Genauer gesagt, entspricht es einem bestimmten Ethiktypus: der Gesinnungsethik. Die Verantwortung liegt nach dieser Ethik des guten Willens allein in der Absicht, die eine Handlung auslöst. Das ist aus zwei Gründen problematisch: Zum einen kann guter Wille leicht behauptet, aber nur sehr schwer bewiesen werden. Zum anderen kann der gute Wille als Ausrede für nahezu alles dienen: Allzu leicht wird so eine fragwürdige Handlung oder ein ungenügendes Ergebnis mit dem guten Willen entschuldigt: 'Ich habe es doch gut gemeint.'