Die Alte Oper in Frankfurt am Main empfängt aufmerksame Besucher mit einer Botschaft. 'Dem Wahren, Schönen, Guten' steht auf ihrem Dachfries in Stein gemeißelt: Damit zeigt die Kulturstätte an, was über allem steht und wonach sich jedes Handeln ausrichten sollte: Werte. Das gilt für den Einzelnen ebenso wie für die Finanzdienstleister der Bankenmetropole Frankfurt und jedes andere Unternehmen. Bis zur Jahrhundertwende waren Corporate Values denn auch state of the art der Unternehmenskommunikation. Unternehmen wollten als integerer Teil der Gesellschaft gelten. Und so übersetzten sie die klassische Werte-Triade der Alten Oper in Aktivitäten. Diese gingen in Richtung von Solidarität, Integrität, Respekt, Treue, Offenheit, Verantwortung.
Seit der Verdunkelung der Weltwirtschaft im Gefolge der jüngsten Finanzkrise ist jedoch zu beobachten: Tradierte Unternehmenswerte verschwinden zunehmend hinter einer Camouflage von 'Ethics', 'Grundsätzen', 'Verhaltensstandards', 'Richtlinien', 'Visionen'. Beispiel Deutsche Bank: Die einst gelebten Werte wie Leistung und Vertrauen waren bis vor kurzem noch versunken in einen Nebel aus 'Vision', 'Marke', 'Persönlichkeit', 'Diversity' und 'Slogans'. Dazu passt es, dass Hilmar Kopper, einst Chef der Deutschen Bank, sein früheres Unternehmen noch im Sommer 2013 daran erinnerte, 'dass es ein paar Werte gibt, die die Deutsche Bank hochhalten sollte, die ihr entsprechen und die auch gut für das Geschäft sind'.
Wie kam es dazu, dass die einst selbstverständlichen Corporate Values landauf, landab aus dem Blick gerieten – und heute umso mehr wieder beschworen werden?
Extras:- Von Handlungsrahmen bis Markenkern: Was bewirken Corporate Values?
- Grafik: Unternehmenswerte und Identität
- Drei Definitionsansätze: Was sind Werte?
- Literaturtipps: Kurzrezensionen von vier Büchern über Führung, Organisation und Werte sowie Hinweis auf einen Fachartikel über Corporate Governance