Auf vertraute Gesichter stößt Ursel Etzel überall. Da ist der Kollege, den sie vor sieben Jahren auf einer juristischen Fortbildungsveranstaltung kennen gelernt hatte. Dort der Smalltalkpartner eines Empfangs vor zwei Jahren. Und da der Verkäufer, der ihr vergangene Woche zu der neuen Jacke geraten hatte. Doch ihre Wiedersehensfreude wird oft nicht erwidert: 'Sie sehen durch mich hindurch, grüßen nur zögerlich zurück. Sie erinnern sie einfach nicht an mich', erzählt die Hamburger Juristin. Daran hatte sie früher ziemlich zu knabbern. Denn sie glaubte: 'Die Menschen finden mich nicht interessant, ich bin langweilig, deshalb bleibe ich ihnen nicht im Gedächtnis.'
Mittlerweile weiß sie es besser. 2007, mit 46 Jahren, machte sie einen speziellen Intelligenztest. Ein Freund brachte sie darauf. Dessen Sohn wurde als hochbegabt diagnostiziert, und er, mit den Symptomen für außergewöhnliche Intelligenz nun bestens vertraut, diagnostizierte eine Hochbegabung bei seiner Freundin Uschi. Er sollte Recht behalten.
Etzels Testergebnis bescheinigte ihr einen IQ von über 130, was die Grenze ist, die die Wissenschaft zwischen klugen Köpfen und besonders klugen Köpfen, den Hochbegabten, gezogen hat. In allen abgeklopften Intelligenzbereichen erzielte Etzel hohe Werte, in dreien das Maximum, darunter: Merkfähigkeit. 'Damit hatte ich eine neue, plausible Erklärung, warum ich mich sehr genau an Personen erinnere, diese sich aber nicht an mich', sagt Etzel. 'Das war eine große Erleichterung.' Etzel ist eine von rund 1,8 Millionen Hochbegabten in Deutschland. Die Zahl ergibt sich aus der Grundannahme der Intelligenzforschung, dass Intelligenz normalverteilt ist, sich also an den Verlauf der berühmten Gaußschen Glocke hält.
Extras- Selbsttest: Bin ich hochbegabt?
- Service: Kurzrezension von zwei Büchern zum Thema Hochbegabung
- Hinweis auf eine kostengünstige Möglichkeit, den eigenen IQ zu bestimmen