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CEOs und ihr Humor
CEOs und ihr Humor

Aggressiv kommt weiter

Von gut gemeinten Neckereien über selbstironische Bemerkungen bis hin zu aggressiven Witzen: Humor hat viele Facetten – und eine enorme zwischenmenschliche Wirkung. Was bislang jedoch noch kaum untersucht wurde, ist die Auswirkung von Humor in der Kommunikation von CEOs. Hier setzt eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Passau an. Studienleiter Andreas König erklärt, warum gerade aggressiver Humor bei CEOs bisweilen anders wirkt, als man denkt.

Professor König, Sie haben sich mit dem Humor von CEOs beschäftigt. Wieso ausgerechnet dieses Forschungsfeld?

Humor spielt eine zentrale Rolle in der Psychologie und wird auch in der Leadership-Forschung untersucht, doch wozu es nicht viel gibt, ist die Verwendung von Humor in der externen Kommunikation, insbesondere von CEOs. Dabei ist der Effekt von Humor unvermeidlich: Die Neuropsychologie zum Thema zeigt, dass man um den Einfluss von Humor auf das limbische System kaum herumkommt. Humor hat also auch in der Kommunikation von CEOs Einfluss.

Wie haben Sie den CEO-Humor untersucht?

Wir haben ein konzeptionelles Modell dazu entwickelt, wie sogenannte Infomediaries reagieren, wenn CEOs bestimmte Humortypen verwenden. Infomediaries sind externe Beobachter wie Journalistinnen oder Analysten, die zwischen Organisationen und ihren Stakeholdern vermitteln, indem sie organisationsbezogene Informationen sammeln, interpretieren und verbreiten. Zur Definition der Humortypen berufen wir uns auf ein etabliertes Humormodell, das von einem Team aus Autorinnen und Autoren um den Psychologen Rod Martin stammt. Das Modell definiert vier Typen, zwei positiv und zwei negativ: Die positiven Typen sind affiliativer und selbsterhöhender Humor, die negativen Typen sind selbsterniedrigender und aggressiver Humor. Bei affiliativem Humor macht sich der oder die CEO auf liebevolle Art über andere lustig und hebt sie dadurch positiv hervor. Mit selbsterhöhendem Humor erhebt sich die Führungskraft auf lustige Art über ihre eigene Position. Selbsterniedrigender Humor lädt dazu ein, über die Schwächen und Fehler des CEO und so über ihn oder sie zu lachen, während aggressiver Humor auf Kosten anderer geht und verletzend oder herabwürdigend wirken kann.

Viele Leute nehmen selbsterniedrigenden Humor als sympathisch wahr, weil dieser signalisiert, dass man sich selbst nicht so ernst nimmt. Trifft das auch auf CEOs zu?

Das gilt es noch zu testen, doch wir postulieren, dass sich selbsterniedrigender Humor negativ auf sowohl die emotionale Wahrnehmung, die wirtschaftlichen Erfolgserwartungen und die Glaubwürdigkeit des Unternehmens auswirkt. Verwendet ein CEO einen despektierlichen, selbstabwertenden Humor, ordne ich diesen Humor automatisch einer gewissen Persönlichkeitseigenschaft zu. Dann schaue ich, inwiefern diese von mir attribuierte Persönlichkeitseigenschaft mit den Erwartungen resoniert, die ich gegenüber CEOs habe; den allgemeinen und meinen persönlichen Erwartungen, was ein CEO mitbringen muss, damit sein Unternehmen erfolgreich ist. Was dabei interessant ist, ist, dass diese Rollenerwartungen oftmals immer noch sehr stark maskulin geprägt sind. Dieses Phänomen nennt man „think manager – think male“ und es wurde unter anderem von der Psychologin Alice Eagly herausgearbeitet. Als Investor zum Beispiel erwarte ich von CEOs demnach unterbewusst Eigenschaften wie eine gewisse Agressivität und dass die Führungskraft auch mal die Ellenbogen einsetzt. Wenn ein CEO nun einen selbstabwertenden Witz macht, kann das zwar in dem Moment positiv wirken, doch es weicht von den Erwartungen ab, die die meisten Menschen an die Person in der Führungsrolle haben. Die Rollentheorie impliziert: Wenn sich der CEO in diesem Fall nicht so verhält, wie man das von ihm erwartet, wird es für Außenstehende wie Journalisten und Investoren schwieriger, sein Verhalten einzuordnen. So kann sich selbstabwertender Humor insgesamt negativ auf die Wahrnehmung des Unternehmens auswirken, da das Verhalten des CEOs als rolleninkonsistent wahrgenommen wird.

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Gegensätzlich dazu nehmen Sie an, dass sich aggressiver Humor bisweilen positiv auf die Außenwirkung des CEO auswirken kann. Wie kommt das?

Unsere These ist, dass aggressiver CEO-Humor die wahrgenommenen Erfolgsaussichten des Unternehmens verbessert. Anders als bei den affiliativen, selbsterhöhenden und selbstabwertenden Humortypen, die in der Literatur als gutartig beschrieben werden, ist aggressiver Humor im Kern bösartig – er verletzt andere und erniedrigt deren soziale Position. Das ist allerdings – leider – kongruent mit der Rolle des CEO: Wenn er oder sie andere heruntermacht, wird zumindest eine zentrale Rollenerwartung, die die Infomediaries an den oder die CEO haben, erfüllt. Aggressiver Humor wird als ein „Power Move“ wahrgenommen, der von Dominanz zeugt. Und wenn das für emotionale Bewertungen von Unternehmen auch schlecht sein kann, so bedient aggressiver Humor damit den weit verbreiteten Prototypen eines erfolgreichen CEO. Dabei ist allerdings auch der Kontext der Aussagen von großer Bedeutung: Es kommt immer darauf an, gegen wen sich der aggressive Humor richtet.

Sie raten CEOs jetzt aber nicht gezielt zu aggressivem Humor?

Nein, keinesfalls – vielmehr möchten wir darauf hinweisen, dass er bei CEOs anders wirkt als bei anderen Führungskräften angenommen und als gesellschaftlich erwünscht. Aggressiver Humor ist im Gegensatz zu selbstabwertendem Humor moralisch und normativ nicht wünschenswert. Und das ist auch gut so! Auf die emotionale Bewertung und die Glaubwürdigkeit des Unternehmens wirkt er sich auch negativ aus – so unsere These. Bei der Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens argumentieren wir jedoch, dass aggressiver Humor bisweilen positiv wirken kann, da die Rollenerwartungen, die unterbewusst an den CEO gestellt werden, erfüllt werden. Wenn ich als CEO nun also aggressiven Humor verwende, sollte ich mir dabei stets der Nuancen und Facetten bewusst sein, die dieser Humortyp mit sich bringt. Grundsätzlich wird negativer Humor nämlich eher negativ wahrgenommen – das gilt sowohl für den aggressiven als auch für den selbstabwertenden Humor, der bisweilen sogar in der Führungsliteratur empfohlen wird. Positiver Humor kommt hingegen immer gut an und kann auch als strategisches Tool genutzt werden.

Was bedeuten Ihre Thesen für die Praxis?

Einer der wichtigsten Punkte ist meines Erachtens nach die Übung von Kommunikation. Auch Humor lässt sich üben, und gerade wenn man so eine große Verantwortung trägt wie Top Executives, ist es aus meiner Sicht entscheidend, sich hierin zu üben. Das heißt nicht, dass man unauthentisch werden und laufend Witze erzählen sollte, schon gar nicht, wenn man selbst gar nicht gern Witze erzählt. Vielmehr sollte man sich als Führungskraft bewusst machen, was man gerade sagt und macht – „rhetorische Mindfulness“: Wenn man also beispielsweise Humor oder eine Metapher verwendet, sollte man auch wissen, was diese für andere bedeuten und bei ihnen bewirken können. Oft etwas anderes, als man selbst denkt. Humor kann nach hinten losgehen, Storytelling kann in die Hose gehen, aber das ist nichts, was man nicht kontrollieren und worin man sich nicht verbessern kann. Insbesondere CEOs haben die tiefe Verantwortung, dies zu tun.

Das Interview führte Sophie Dériaz

Der Interviewte: Professor Andreas König leitet den Lehrstuhl für strategisches Management, Innovation und Entrepreneurship an der Universität Passau. Neben seiner Forschung zu CEO-Humor befasst er sich dabei unter anderem mit der Frage, wie etablierte Organisationen und deren Führungskräfte auf digitale Transformation reagieren.

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