Zumindest im Ärgern sind die Deutschen Europameister. Laut einer neueren Untersuchung von Bayer Health Care unter 4.000 Personen regt sich jeder vierte Deutsche häufig auf. Von den Briten gerät nur jeder sechste regelmäßig auf die Palme. In Spanien sind es sogar nur drei Prozent. Besonders in den deutschen Büros kocht das Blut oft hoch. Experten schätzen, dass deutsche Arbeitnehmer im Schnitt zehn Prozent ihrer Arbeitszeit in Rage sind. Contenance bitte, mahnen Manager, Coaches und Berater und versuchen mit Anti-Ärger-Strategien des Grolls Herr zu werden.
Dabei wird jedoch leicht übersehen, dass der Ärger der Arbeitnehmer für das Unternehmen nicht unbedingt ein Ärgernis ist. Im Gegenteil, grundsätzlich ist Ärger ein positives Zeichen. Denn Ärger ist untrennbar mit Motivation verbunden. Nur was uns wichtig ist, wird vom Gehirn mit Emotionen markiert. Unwichtiges hingegen ignoriert das Unterbewusste oder erledigt es mit Routine-Aktionen. Ärger ist die Emotion, die entsteht – so die Definition der Psychologen – wenn wir unbefriedigende Ist-Soll-Differenzen erkennen, die wir aus eigener Kraft schließen können. Insofern ist Ärger das eigentliche Gegenteil der Gleichgültigkeit. Wenn sich Arbeitnehmer über ihre Arbeit ärgern, zeigt das zuerst einmal: Sie sind engagiert bei der Sache.
Mehr als ärgerlich ist es hingegen, wenn Mitarbeiter Missgeschicke gleichmütig hinnehmen – das deutet auf innere Kündigung hin. Auch wenn Mitarbeiter versichern, alles liefe bestens, ist Skepsis geboten. Vielleicht läuft es einfach nur allzu mittelmäßig. Nur wer mehr will und kann, der murrt und grollt. Idealerweise setzt er den Ärger anschließend in fokussierte Anstrengung um. Hier ist der Chef gefragt. Seine Aufgabe: Den positiven Kern der Wut herausstellen und Wege zur Handlung ermöglichen.
Extras:- Vom Nutzen des Ärgers: Neun gute Gründe dafür, sich zu ärgern
- Service: Kurzrezensionen von drei Büchern zum Thema Ärger- und Konfliktmanagement und Hinweis auf ein Seminar