Darf man öffentlich Personalentscheidungen von Unternehmen kritisieren? Und dann auch noch mit dem Argument, dass die eingesetzte Person nicht dem Anforderungsprofil der Stelle entspricht? Die im September 2007 gegründete 'Initiative für fortschrittliche Personalarbeit' findet: ja. Sie brachte ihre Kritik an der Berufung Norbert Hansens zum Arbeitsdirektor der Bahn in einer Pressemitteilung zu Gehör – und sich selbst unter dem neuem Namen 'HR-Alliance' wieder ins Gespräch.
Für Zurückhaltung haben Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom, Oliver Maassen, Head of Human Resources bei der UniCredit Group, und Karl-Heinz Stroh, Personalvorstand der Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte Holding AG, nicht viel übrig. Jedenfalls nicht, wenn es um ihr Metier, die Personalarbeit, geht. Als Vorstände des im September 2007 von den bestehenden Netzwerken Goinger Kreis, Selbst-GmbH und Arbeitskreis Personalmarketing gegründeten Personalernetzwerkes HR-Alliance (Gründungsname: 'Initiative für fortschrittliche Personalarbeit') haben sie sich nämlich zwei Dinge auf die Fahne geschrieben.
Erstens: die Sache der Personaler näher ans Business anzudocken, wozu vor allem das im Zweijahresturnus stattfindende Zukunftsforum Personal beitragen soll – ein Kongress, den die Alliance im September 2007 mit großem Erfolg erstmals veranstaltet hat. Zweitens: der Personalersicht durch dezidierte Meinungsäußerungen zu aktuellen Themen öffentlich Gehör zu verschaffen. Mit seiner zweiten Aufgabe hat sich das Netzwerk etwas Zeit gelassen. Doch vor ein paar Wochen war es soweit: In der Berufung des Gewerkschaftsführers Norbert Hansen zum neuen Arbeitsdirektor der Bahn fand die Alliance ihr erstes Herzensthema – und damit auch einen Anlass, sich Monate nach Gründung und Erst-Kongress mit neuem Namen auch selbst wieder ins Gespräch zu bringen.
Kritik an der Personalie Hansen
Die Personalie Hansen hat bekanntlich viele Gemüter erregt. Doch stand in den Verlautbarungen der Kritiker meist der Umstand im Mittelpunkt, dass die Berufung Hansens eben deshalb einen üblen Beigeschmack hat, weil sie stark nach einer Belohnung für Wohlverhalten aussieht: Hansen hatte sich schon als Gewerkschaftschef pro Privatisierung der Bahn ausgesprochen.
Die HR-Alliance indes ging einen Schritt weiter und zog das persönliche Qualifikationsprofil Hansens in Zweifel, das laut Pressemitteilung dem Anforderungsprofil eines modernen Personalchefs in einem international agierenden Großkonzern kaum gerecht werde. Für so viel Meinungsfreude gab es nicht nur Lob. Zumal sich die HR-Alliance, wie sie selbst eingesteht, erst noch mit der Grundsatzfrage auseinandersetzen muss, wie eigentlich das ideale Profil eines Personalchefs aussehen sollte. Mitstreiter Oliver Maassen findet es trotzdem in Ordnung, sich auch ohne Qualifikationskatalog im Hintergrund zu Themen wie der Hansen-Frage zu äußern und betont sogar: 'Zu Themen, die mit Führung, Werten und Personalarbeit zu tun haben, sollten wir uns noch häufiger zu Wort melden.' Denn, wenn sich die HR-Alliance nach fast einem Jahr ihres Bestehens etwas vorwift, dann ist das laut Maassen, dass sie noch deutlich mehr tun sollte. Geplant sind neben dem nächsten Kongress 2009 ein neuer HR-Award und noch mehr Pressemitteilungen. Dafür verantwortlich fühlt sich die Alliance nicht zuletzt, weil sie derartige Aktivitäten bei der Deutschen Gesellschaft für Personalführung vermisst – zu der sie sich im übrigen aber nicht als Konkurrenz verstanden wissen will.
Die DGFP indes will den indirekten Vorwurf, verschnarchte Lobbyarbeit zu betreiben, nicht auf sich sitzen lassen. So kontert DGFP-Chef Gerold Frick: 'Wir verzichten bewusst auf die Verbreitung von Einzelmeinungen vermeintlicher Protagonisten. Wenn wir zu aktuellen Personalthemen öffentlich Stellung beziehen, dann legen wir besonderen Wert auf die Qualität der Statements, die im Wesentlichen auf Ergebnissen unserer Arbeitskreise bzw. auf Befragungen unserer mehr als 2.000 Mitgliedsunternehmen beruhen.' Die DGFP sei im Sinne einer wirksamen Lobbyarbeit seit Jahren aktiv und mit verschiedenen Plattformen vernetzt. Aber sie setze dabei auf einen diskreten Weg.