Die Demografen sind sich einig: Wir Deutschen werden weniger und immer älter. Und PISA lässt nur einen Schluss zu: Wir Deutschen werden immer dümmer. Wenig rosige Aussichten für Weiterbildner. Doch was bedeutet der Kultur-, Werte- und Lernwandel für Lernangebote in der Zukunft? Mitte April stellten Bildungsexperten in Mannheim ihre Gedanken zur Zukunft der Weiterbildung vor.
'Erinnern Sie sich: 2001/2002 wurde Bedarf an Computerexperten diagnostiziert. Und was ist passiert? Heute sind Computerexperten arbeitslos...' Holger Regber wollte mit seinen Worten auf dem Kongress 'Zukunft der Weiterbildung 2020' sicher nicht schwarz malen. Und doch nahm er den etwa 100 Teilnehmern, die Mitte April in Mannheim zusammengekommen waren, ein klein wenig die Hoffnung auf gesicherte Thesen über die zukünftige Entwicklung. 'Die Zukunft ist nicht zu erkennen', fasste der Trainer von Festo Didactic, Denkendorf, schlicht zusammen.
Diese schlichte Erkenntnis war es dann auch, die die Veranstalter des Kongresses - den e-Learning-Anbieter Expert Web, Heddesheim, und den Didacta Verband - Bildungsexperten zusammenbringen ließ. Die Fachleute sollten Denkanstöße zu den Herausforderungen der Weiterbildungswelt in 15 Jahren präsentieren.
Und diese Herausforderungen sind gewaltig, wie Knut Diekmann vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) verdeutlichte. Nach Meinung des Referatsleiters Weiterbildungspolitik zwingen der demografische Wandel mitsamt des sich verändernden Erwerbspersonenpotenzials und der sich verschärfende internationale Wettbewerb zum lebenslangen Lernen. Das Problem dabei aus Diekmanns Sicht: eine in Bildungssachen verwöhnte Bevölkerung, die an staatliche Versorgung und Verantwortung gewöhnt ist, und eine weit verbreitete Lernunlust. Problematisch sei diese vor dem Hintergrund des 'schwindenden Ausgangsniveaus'. PISA habe es offenbart: Das Land der Dichter und Denker ist ein Elefant auf tönernen Füßen. 'Ohne Basis bleibt die Weiterbildung eine Reparaturwerkstatt, sie wird kein Ingenieurbüro. Lernen Kinder nicht, wie man lernt, werden sie niemals lebenslang lernen können', mahnte der Bildungsexperte an.
Generationenwechsel: Baby-boomer versus Generation
Doch nicht nur die schwindenden Basiskompetenzen nachfolgender Generationen, die laut Diekmann nicht an das Bildungsniveau der jetzigen Elterngeneration anknüpfen können, werden Unternehmen und Bildungsorganisationen künftig Kopfzerbrechen bereiten. Auch der gesellschaftliche Werte- und Kulturwandel wird bei der Gestaltung von Lern- und Arbeitswelten Berücksichtigung finden müssen. So wies Prof. Dr. Jutta Rump von der Fachhochschule Ludwigshafen auf den Generationenwechsel hin. Die nach 1975 Geborenen, die jetzt in die Unternehmen kommen, ticken nämlich deutlich anders als die Babyboomer, die jetzt Vorstände in den Dax-Unternehmen sind. Die Jungen, die so genannte Generation Y, zeichnen sich laut Rump durchaus durch hohe Leistungsbereitschaft aus. 'Aber Arbeit und Lernen muss ihnen Spaß machen. Die Generation Y ist weniger bereit, sich zwischen Work und Life zu entscheiden', sagte die Beschäftigungsexpertin.
Spaß muss sein: Lernfreude als Anforderungsmerkmal
Den Spaß-Effekt griff auch Prof. Dr. Thomas Stelzer-Rothe von der Fachhochschule Südwestfalen auf. 'Die Jugendlichen heute sind an Dopamin-Duschen durch ihre Computerballerspiele gewöhnt.' Ergo müsse das Prinzip, das diese Neurotransmitter ausschütte, auch in der Weiterbildung Anwendung finden. Zum Beispiel, indem eine Atmopshäre des Gelingens geschaffen werde. Doch die Lernfreude war nur ein Aspekt, den die Experten für das Lernen im Jahr 2020 betonten. Nach Ansicht von Holger Regber bleibt betriebliche Weiterbildung auch in Zukunft problemorientiert. 'Aber', so betonte der Trainer, 'Weiterbildung muss so individuell sein, wie die Arbeitsaufgaben des jeweiligen Mitarbeiters'.
Die Individualisierung des Lernangebots fand sich als Szenario auch bei Stelzer-Rothe wieder: 'Weiterbildung muss konsequent lerntyporientiert angeboten werden', so der Wirtschaftspädagoge. Konsequenz aus seiner Sicht: Trainer werden künftig mehr Zeit damit verbringen, herauszufinden, wie Leute lernen. 'Die Bildungsberatung wird damit zu einer zentralen Aufgabe von Bildungsträgern', schlussfolgerte der FH-Professor.
Wie genau wird aber die Rolle des Trainers aussehen? Die Worte in den acht Fachvorträgen wiederholten sich: Es gilt, offene Lernarrangements zu organisieren und zu moderieren. So viel scheint also festzustehen: Die klassische Dozentenrolle ist passé. Trainer sein heißt in Zukunft Lernprozessbegleiter sein.