Die Namen sagen alles: 'Beschaffungsabteilung' hieß der Einkauf früher; hinter vorgehaltener Hand amüsierte man sich gern über die 'Bleistiftbesteller'. Dass der Job getan werden muss, daran bestand nirgends Zweifel. Einigkeit herrschte aber auch darüber, dass es nahezu egal ist, wie man ihn erledigt. Korrekt, natürlich; aber darüber hinaus vermutete man im Einkauf wenig Potenzial. Die Schlussfolgerung: Wo wenig optimiert werden kann, braucht es wenig Personalentwicklung. Während sich die vermeintlichen Umsatztreiber des Unternehmens gar nicht retten konnten vor Qualifizierungsmaßnahmen, gingen die 'Kollegen aus dem Keller', wie sie wegen ihres Sitzplatzes neben dem Lager auch genannt wurden, meist leer aus. Laut einer Studie des Beschaffungsoptimierers BrainNet aus dem Jahr 2007 war den Firmen die Qualifizierung ihrer Vertriebler stolze 7.200 Euro pro Mitarbeiter und Jahr wert, jeder Marketing-Angestellte durfte sich über Weiterbildung im Wert von 5.300 Euro freuen. In ihre Einkäufer investierten die Firmen grade mal 876 Euro.
In zwei Jahren dürften diese Zahlen ganz anders ausfallen, denn die Stiefkinder der Personalentwicklung sind in deren Fokus gerückt. Hauptgrund dafür war wohl die Wirtschaftskrise. In den Jahren 2008/2009 wurde mehr und mehr deutlich, dass die Sparpotenziale innerhalb eines Unternehmens längst ausgereizt sind, zwischen den Unternehmen – entlang der Lieferketten – aber noch viele ungehobene Schätze liegen. Die sollen die Beschaffer heben. Ihre Aufgaben: Einkaufskosten senken, Liquidität freisetzen, das Unternehmen strategisch mit Komplettlösungen versorgen, statt Nachschub nur auf Nachfrage zu liefern – das sind die Hebel, über die die Einkäufer die Rendite polieren sollen.
Damit die Einkäufer diesem neuen Anspruch gerecht werden können, werden sie neuerdings eifrig geschult. Für die Weiterbildungsanbieter ist das erfreulich: Um 40 Prozent sei der Umsatz in den vergangenen zwei Jahren gestiegen, heißt es etwa aus dem Supply Chain Management Institute der European Business School, einem der größten Anbieter auf dem deutschsprachigen Markt. Einfach verdientes Geld ist das nicht: Die Qualifizierungsprogramme der Großkonzerne werden länderübergreifend durchgeführt, damit alle Mitarbeiter die Synergien entlang der Lieferketten erkennen und nutzen. Dazu kommt: Die Ausbilder müssen spezielles Fachwissen mitbringen, am besten zuvor selbst in der Branche gearbeitet haben.
Und dennoch: die Aufträge sind für Anbieter ein dankbares Geschäft. Zum einen, weil die neue Zielgruppe noch nicht so weiterbildungsmüde ist wie die überversorgten Vertriebler. Zum anderen, weil es den Anbietern nirgends so leicht fällt, den gebetsmühlenartig geforderten Return on Investment der Qualifizierung nachzuweisen. Bereits zwölf Monate nach Trainingsstart hatte sich etwa das Qualifizierungsprogramm von Siemens Transformers amortisiert, das im Juni 2010 eine internationale Auszeichnung erhielt. Guter Einkauf macht reich, wie auf der glamourösen Preisverleihung deutlich wurde. Und ein neues, besseres Image bekommen die ehemaligen Bleistiftbeschaffer gratis dazu.