Oft sind es emotionale Unstimmigkeiten innerhalb von Unternehmen, die Kooperationen und Change-Projekte zu Fall bringen. Mithilfe einer kreativen Metapher kommen die Störfaktoren unverkrampft auf den Verhandlungstisch.
PowerPoint reicht einfach nicht. Zumindest nicht, wenn Jochen Peter Breuer seinen Kunden die Ergebnisse seiner Arbeit vermitteln will. Denn der Untersuchungsgegenstand des Schweizer Unternehmensberaters ist komplex: Mit seinem Büro he2be, Lausanne, bearbeitet er seit 2008 die 'immaterielle Realität' von Unternehmen, also den mentalen und emotionalen Zustand der Organisationen. Seiner Überzeugung nach ist dieser für den Unternehmenserfolg ebenso wichtig wie strukturelle, finanzielle oder juristische Aspekte.
Metaphern statt PowerPointAnders als diese lassen sich immaterielle Störfaktoren allerdings deutlich schwieriger vermitteln, hat Breuer festgestellt: 'Wenn man solche Punkte konventionell präsentiert, kommt immer Widerstand'. Deshalb hat sich der Consultant, der seit 25 Jahren internationale Unternehmen berät, das Konzept der emotionalen Viren ausgedacht. Als emotionale Viren bezeichnet er Irritationen, die in Unternehmen für eine schlechte Stimmung sorgen. Meist sind es Vertrauensdefizite, Interessenkonflikte oder Ängste, die zu einer 'emotionalen Verschmutzung' führen und die kreativen Kräfte eines Unternehmens blockieren. Besonders gut gedeihen sie, wenn der Druck groß ist: Irgendwann ist dann jeder nur noch damit beschäftigt, seine Pfründe zu sichern. Ein konstruktives Arbeiten ist nicht mehr möglich.
Von der Bestandsaufnahme zum BildUm dies zu verhindern und die in einem Unternehmen verbreiteten emotionalen Viren aufzuspüren, erfolgt zunächst eine 'Bestandsaufnahme der Wahrnehmungen'. Dazu werden in Gruppen- und Einzelinterviews die Keyplayer des Unternehmens befragt. Das sind sowohl Vertreter des Managements als auch Gewerkschafter und andere Meinungsführer – unabhängig von ihrer Position. Aus den erarbeiteten Problemfeldern formuliert Breuer mit seinem Team die emotionalen Viren. Das heißt, er strukturiert die kritischen Punkte und versieht sie mit einem griffigen Namen und einem eingängigen Bild. Jeden Virus belegt er mit Zitaten aus den geführten Interviews. Die 'gesammelten Viren' gehen als Bericht an die Beteiligten, die die Themen zunächst hierarchisieren und Lösungsansätze entwickeln – und so in den eigentlichen, mehrstufigen Change-Prozess einsteigen.
Beispiel James Bond
Wichtig bei seiner Methode der Humor und eine eingängige Visualisierung, betont Breuer. Wer schmunzelt, ist offener für neue Erkenntnisse. Ein Beispiel: Ein eigentlich brillanter Manager enttäuscht bei der Umsetzung eines nationalen Fusionsprojekts. Schnell wird klar: Der Mann wird komplett überfordert. Er soll gleichzeitig Abteilungen zusammenlegen, Synergien erarbeiten, Mitarbeiter entlassen, Kosten sparen und Gewinne einfahren. Per PowerPoint lässt sich diese Erkenntnis allerdings kaum dem Vorstand vermitteln, erklärt Breuer. Als emotionaler Virus dagegen schon – und zwar mit einem Bild von Sean Connery in Agentenpose. Denn: 'Die wollen eigentlich James Bond!', so die Assoziation der Berater.
Vorteil Verständlichkeit
Das Ergebnis: Der Bericht brachte den Vorstand zum Lachen – aber auch dazu, das Thema ernst zu nehmen. Zudem bekam die interne Kommunikation einen frischen Schub: Beim nächsten Treffen begrüßte der Vorstand den Manager mit den Worten 'Hallo James!'. Der zog direkt seine mitgebrachte Pistole und konterte: 'Hands up!' Das weitere Gespräch verlief äußerst konstruktiv, versichert Beobachter Breuer. Neben dem emotionalen Zugang macht die Eingängigkeit der gewählten Metaphern eine weitere Stärke des Ansatzes aus. 'Emotionale Viren versteht jeder sofort – der Pförtner ebenso wie das Topmanagement', erklärt der Unternehmensberater.
Am 24. Januar 2010 können Trainer und Berater dieses Versprechen kritisch überprüfen. Dann nämlich wird Breuer sein Konzept auf dem Lernforum Großgruppenarbeit in Oberursel vorstellen. Erstmals will er dabei mit einer Großgruppe emotionale Viren aufdecken und visualisieren.