Trotz Krise erfreut sich Coaching großer Beliebtheit, wie die aktuelle Studie von Trigon beweist. Ein 'weiter so' wird es für die Berater trotzdem nicht geben: Die Erwartungen der Kunden verändern sich nämlich. Der ideale Coach hat Lebens- und Berufserfahrung, er stellt sich schnell auf neue Situationen ein und er plaudert Coachinginhalte nicht gegenüber Dritten aus. Dieses Bild zeichnet die Trigon Entwicklungsberatung, Graz, nach einer Befragung von rund 300 Coachs, Coachees und Personalentwicklern. Die Studie, die im Juni 2010 veröffentlicht wurde, beleuchtet die Coaching-Praxis in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Die wichtigste Eigenschaft eines Coachs ist Verschwiegenheit, lautet die einhellige Antwort aller Befragten. Auf einer Skala von eins (sehr wichtig) bis vier (unwichtig/unpassend) wurde die Diskretion mit 1,2 bewertet. Danach folgen auf den Plätzen zwei bis vier die Coach-Fähigkeiten 'sich auf Genanntes situativ einstellen' (1,44), 'breites Lebensspektrum und Erfahrungen' (1,45) sowie 'Ziel- und Ergebnisorientierung' (1,65). Wichtig ist den Befragten darüber hinaus eine Coach-Persönlichkeit, die empathisch und beziehungsorientiert ist (1,65, Platz fünf), sich selbst zurückhält, dem Kunden Raum lässt (1,68, Platz sechs) und ihn nicht einem Dauerfeuer von Tipps und Ratschlägen aussetzt. Dass der Coach 'Ratschläge und Hinweise gibt und mitmischt', fanden die Befragten dementsprechend unwichtig bzw. unpassend. Noch geringer wertgeschätzt werden diejenigen Berater, die Berichte weitergeben – was erneut die hohe Bedeutung von Vertraulichkeit belegt.
Person vor ProfessionErstaunlich weit abgeschlagen liegt die 'Feld- und Fachkenntnis' des Coachs, die nur mit 1,89 bewertet wurde und damit auf den achten von zwölf Plätzen kam. Dr. Werner Vogelauer, der die Studie seit 1997 durchführt, sieht darin eine Trendwende: 'Die Persönlichkeit des Coachs wird wichtiger, die Bedeutung der Feld- und Fachkenntnis nimmt ab.' Dass die persönliche Beziehung von Coach und Coachee den Coaching-Erfolg maßgeblich bestimmt, zeigt sich auch an der Frage 'Welche Anforderungen stell(t)en Sie an ein Coaching?'. Hier finden es die meisten Befragten unpassend, wenn der Coach von einer dritten Person etwa aus der Personalabteilung zugeteilt wird (Note 3,39). Auch das persönliche Gespräch von Coach und Coachee finden die meisten wichtig – eine Beratung via E-Mail, Internet und Telefon wurde mit schlechten Noten bedacht (3,07).
Usus sind vier bis fünf SitzungenEin gutes Coaching zeichnet sich vor allem aus durch ein professionelles Gespräch (Platz eins) und flexibles, aber zielorientiertes Vorgehen (Plätze zwei und fünf). Den Coachs wie auch den Coachees ist es wichtig, dass das Anliegen ganzheitlich betrachtet wird und neben sachlichen auch die persönlichen Aspekte der Berufsrolle beleuchtet werden (Plätze drei und sieben). Auch die Selbstbeschränkung – zumindest zeitlich – ist Merkmal einer guten Beratung, meinen die Befragten (1,75). In der Praxis werden aus der Befristung meist vier bis fünf Gesprächseinheiten, wie der quantitative Teil der Studie zeigt. Die Sitzungen sind meist auf 90 Minuten angelegt; die dominierende Form ist das Einzel-Coaching, das 98 Prozent der Befragten kennen. Abgeschlagen sind mit 36 Prozent das Team-Coaching (ein Thema für die ganze Gruppe) und mit 23 Prozent das Gruppen-Coaching (individuelle Themen der Teilnehmer werden vor der Gruppe bearbeitet).
Begriffserklärungen wie die oben genannten sind im aktuellen Befragungsdesign von Trigon neu. Der Grund: 'Die Unschärfe bei den Definitionen nimmt zu', hat Vogelauer beobachtet. Weil viele Anbieter das schicke Label 'Coaching' für allerlei Dienstleistungen verwenden, fällt es Kunden zunehmend schwer, zu unterscheiden. Immerhin zeigt das Interesse am Etikett aber auch das ungebrochene Interesse am Thema Coaching, das kaum einen Nachfrageeinbruch erlebt hat.
Selbstzahler ersetzen FirmenkundenTrotz Wirtschaftskrise sprechen 62 Prozent der Personalentwickler von einer gleichbleibenden Nutzung von Coaching, 22 vermelden allerdings Einsparungen in diesem Bereich. Diesen Rückgang können die Coaches durch eine neue Zielgruppe auffangen: 'Die Nachfrage von Selbstzahlern hat sehr stark zugenommen', weiß Vogelauer. Der Beleg: 32 Prozent der befragten Coachs geben an, dass der Anteil an Privatkunden zugenommen hat. Auch wenn der Trend stimmen mag – bei den Umsatzerwartungen sind die Coachs vielleicht zu optimistisch. Das zeigt eine Gegenprobe im Bereich der Unternehmenskunden: 20 Prozent der Coachs gehen davon aus, dass Personaler zukünftig das Coaching-Budget aufstocken. Bei den befragten Personalentwicklern rechnen nur elf Prozent mit mehr Geld.