Im Hochschulbereich gelten die USA als Vorreiter, im Bereich der beruflichen Bildung jedoch schauen die Vereinigten Staaten anerkennend auf das System der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland. Einer Zusammenarbeit mit deutschen Partnern steht man daher sehr offen gegenüber.
Nach Chancen und Ansätzen für deutsche Weiterbildungsanbieter auf dem amerikanischen Bildungsmarkt zu suchen, scheint nahezu vermessen. Schließlich hat der amerikanische Aus- und Weiterbildungsmarkt die Entwicklung der internationalen Bildungsszene mit Produkten wie dem Master of Business Administration in den vergangenen Jahren maßgeblich bestimmt. So oder ähnlich denken viele deutsche Weiterbildner. Im Bereich der Hochschulprogramme sind die Vereinigten Staaten in der Tat führend und nicht auf Unterstützung des Auslandes angewiesen.
Was viele aber nicht wissen: Im Bereich der beruflichen Qualifizierung bieten sich kleinen und mittelständischen deutschen Weiterbildungsunternehmen recht gute Chancen, sich auf dem US-amerikanischen Markt zu positionieren. 'Unsere jüngsten Recherchen haben ergeben, dass die Amerikaner sehr stark an Kooperationen mit deutschen Weiterbildnern interessiert sind', sagt Sabine Gummersbach-Majoroh, Leiterin der Bonner Arbeitsstelle zur Unterstützung des internationalen Marketings in der Berufsbildung iMOVE. 'Die Deutschen werden von den Amerikanern als äußerst kompetent angesehen, was die berufliche Qualifizierung betrifft', weiß sie aus Gesprächen mit Bildungsexperten aus den USA. Geschätzt werde vor allem der in Deutschland vorherrschende prozess- und praxisorientierte Ansatz, der sich bereits darin zeige, dass die Lehr- und Ausbildungspläne an den Erfordernissen der Anwendung von beruflichen Fähigkeiten in den Unternehmen ausgerichtet sind.
In den USA tut sich eine Skill-Lücke auf
Hierzu muss man wissen: In den USA gibt es kein spezielles Berufsbildungs-System wie in Deutschland. Vielmehr sind die Übergänge zwischen allgemein bildendem Schulwesen und Berufsbildung fließend. So werden oftmals bereits in den High Schools, die von der Wertigkeit den hiesigen gymnasialen Oberstufen entsprechen, beruflich orientierte Bildungsinhalte angeboten. Entsprechend theorielastig ist die Vermittlung.
Die unzureichende Ausrichtung der Inhalte an der Praxis wirkt sich laut Gummersbach-Majoroh in den Vereinigten Staaten zunehmend negativ aus. So zeichne sich seit einiger Zeit ab, dass es den meisten Mitarbeitern an wichtigen Skills fehlt. Es handelt sich dabei insbesondere um so genannte High Technology Skills, die ob neuer technologischer Entwicklungen in den Unternehmen gefragt sind. Diese Situation mache den Amerikanern letztlich mehr und mehr bewusst, dass im Lande nicht entsprechend des Bedarfes in der Wirtschaft qualifiziert wird. Folge: Der Druck für eine Reformierung der beruflich-orientierten Bildung in den USA wächst. In diesem Zusammenhang, so weiß Gummersbach-Majoroh, wird häufig auf das deutsche Berufsbildungssystem verwiesen. Deutschen Weiterbildnern würden sich folglich einige Ansatzpunkte bieten, um in den USA tätig zu werden.
Deutsche Weiterbildner sollten selbstbewusster werden
Weitere Ansatzpunkte ergeben sich laut der Expertin für Bildungsexport durch die Stärke der deutschen Weiterbildner in der Vermittlung von Handlungskompetenz. Laut Kennern des amerikanischen Bildungsmarktes wurde die Befähigung zur Problemlösung in den USA bislang vernachlässigt. Die zunehmende Nachfrage in den Vereinigten Staaten nach so genannten Knowledge Workers macht es aber dringend notwendig, das Augenmerk künftig auf die Vermittlung von Problemlösungskompetenz zu legen. 'Irrtümlicherweise wird oft geglaubt, dass die Amerikaner den Deutschen methodisch überlegen sind. Das ist aber nicht so. Vielen deutschen Weiterbildnern fehlt es schlicht an Selbstbewusstsein, sich die Mühe zu machen, den US-Weiterbildungsmarkt richtig zu analysieren', meint Gummersbach-Majoroh.
Zu empfehlen: Kooperation mit einem Community College
Dennoch hält es die iMOVE-Leiterin nicht für ratsam, als deutscher Weiterbildungsanbieter zu versuchen, selbstständig auf dem amerikanischen Weiterbildungsmarkt Fuß zu fassen. 'Das ist ein langer und riskanter Weg. Schließlich handelt es sich um einen hoch kompetitiven Markt', meint Gummerbach-Majoroh. Sie schlägt vor, den kooperativen Weg einzuschlagen und sich dabei auf die Community oder Technical Colleges zu konzentrieren. Diese Institutionen bieten beruflich orientierte Bildungsangebote an und spielen somit im Rahmen staatlicher Bemühungen zum Thema 'Workforce Development' die zentrale Rolle.
'Im Rahmen des erst im Frühjahr 2005 neu aufgelegten nationalen Gesetzes Workforce Investment Act geht den Community- und Technical Colleges ein Großteil der Fördergelder zu, die sich immerhin auf rund zwöf Milliarden US-Dollar belaufen', weiß Gummersbach-Majoroh. Indem deutsche Weiterbildner gemeinsam mit den Einrichtungen Qualifizierungsmaßnahmen entwickeln, haben sie die Chance, in den Genuss der staatlichen Unterstützung zu kommen.
Was darüber hinaus für eine Kooperation mit einem Community oder Technical College spricht: Sie sind bislang nicht international ausgerichtet, wollen sich aber nun der Globalisierung öffnen.
Deutsche Firmen in den USA haben Weiterbildungsbedarf
Weiterbildner, die lieber mit einem Unternehmen zusammenarbeiten wollen, bleibt auch dieser Weg nicht verschlossen. Laut Gummersbach-Majoroh gibt es viele deutsche Unternehmen in den USA, die mit den Kompetenzen ihrer Mitarbeiter unzufrieden sind. Wie es hier um Kooperationsmöglichkeiten bestellt ist, ist bislang aber noch nicht erkundet. iMOVE plant daher, in Kürze eine Marktanalyse unter deutschen Unternehmen in den USA durchzuführen.
Eine Analyse über Aufbau, Organisation und Bedarf des nordamerikanischen Bildungsmarktes insgesamt liegt indes bereits vor. Die Studie ist kostenlos abrufbar unter www.imove-germany.de. Auf der Homepage erhalten Interessierte zudem weitere Informationen wie Kontaktdaten zu potenziellen Ansprechpartnern etc.