Welche Themen und Inhalte bestimmen das Geschehen auf dem Seminarmarkt? Zu dieser Frage der Trendanalyse, die der Verlag managerSeminare im Juli 1999 durchführte, äußerten sich insgesamt 632 Weiterbildungsanbieter und 124 Unternehmen. Unter 20 Themenbereichen sollten sie maximal fünf ankreuzen, die nach ihrer subjektiven Einschätzung gegenwärtig von größter Bedeutung sind, und ebenso maximal fünf Themenbereiche, die zukünftig den Weiterbildungsmarkt prägen werden. Spitzenreiter bleibt wie in den Jahren zuvor das Thema 'Menschenführung'. Mehr als 61 Prozent der Weiterbildungsanbieter halten dieses Thema für eines der derzeit wichtigsten und erwarten für die Zukunft einen weiteren Bedeutungszuwachs. Wie im Jahr zuvor folgen die Bereiche Allgemeines Management und Verkauf/Marketing (siehe Abb. S. 4).
Ein auffälliger Trend der vergangenen Jahre setzt sich fort: Seminaranbieter wie Unternehmen prognostizieren den Themen, die gegenwärtig maßgeblich den Weiterbildungsmarkt prägen, eine stark rückläufige Bedeutung. Dennoch dominieren sie unverändert das aktuelle Weiterbildungsgeschehen. Den Themenbereich Verkauf/Marketing beispielsweise schätzen die Seminaranbieter seit vier Jahren als stark rückläufig ein. Ebenfalls seit vier Jahren hält jedoch konstant jeder zweite Seminaranbieter diesen Themenbereich zum jeweiligen Zeitpunkt der Befragung für besonders wichtig. Ganz ähnlich verhält es sich bei den Themenbereichen Allgemeines Management, EDV und Zeitmanagement. Dass Prognose und Wirklichkeit nicht immer deckungsgleich sein müssen, zeigt sich auch bei den Themen, denen Seminaranbieter zukünftig eine stark wachsende Bedeutung zumessen. Zu diesen zählen seit vier Jahren unter anderem Persönlichkeitsentwicklung, Personalmanagement, Unternehmenskultur sowie Sprachen/Interkulturelles Training. Vergleicht man die Zahlen des momentanen Bedarfs miteinander, so sind die Anteile über die Jahre hinweg weitgehend konstant geblieben.
Insgesamt hat sich die Einschätzung der Seminaranbieter in den vergangenen vier Jahren kaum verändert. Die Rangfolge der Themen verschiebt sich allenfalls marginal, die prognostizierten Anteile bleiben konstant - selbst wenn diese mit der Realität offensichtlich wenig gemein haben.
Das verwundert nicht, denn die zunehmende Dynamik wirtschaftlicher Veränderungsprozesse hat auch das tradierte Verständnis von innerbetrieblicher Weiterbildung über den Haufen geworfen. Umfangreiche Reorganisationsmaßnahmen der Unternehmen, die Verlagerung der Verantwortlichkeit für Weiterbildungsmaßnahmen vom Stab in die Linie bzw. sogar auf den Mit-arbeiter als Privatperson, die Tendenz der Unternehmen zur just-in-time-Weiterbildung sowie der explosionsartige Bedeutungszuwachs der Neuen Medien machen es Weiterbildungsanbietern schwer, den langfristigen Bedarf der Unternehmen richtig einzuschätzen.
Tagesgeschäft definiert Trainingsbedarf
So zeigt sich bei der Bewertung der Unternehmen über die momentane und zukünftige Bedeutung von Weiterbildungsthemen ein bisweilen widersprüchliches Bild. Beispiel Zeitmanagement: Auch diesen Themenbereich schätzen die Unternehmen seit vier Jahren als zukünftig stark rückläufig ein. Dennoch hat dieses Thema in den momentanen Weiterbildungsbemühungen der Unternehmen wieder einen Spitzenplatz inne. Flache Hierarchien, Verschlankung der Produktionsprozesse und Personalabbau führen zu einer erheblichen Arbeitsverdichtung für den einzelnen Mitarbeiter. Selbstorganisation ist zu einer Schlüsselkompetenz geworden, die Unternehmen jedoch überwiegend intern trainieren lassen, um den unmittelbaren Bezug zum Geschehen am Arbeitsplatz zu gewährleisten.
Beispiel EDV: Von den Unternehmen seit vier Jahren in seiner Bedeutung als stark rückläufig prognostiziert, ist es momentan das wichtigste Thema nach Menschenführung. Allein gegenüber dem Vorjahr hat es einen tatsächlichen Bedeutungszuwachs von 14 Prozent erfahren. Internet, Intranet, E-Commerce und das Jahr-2000-Problem hinterlassen in Unternehmen deutliche Spuren. Die Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnik für Wettbewerbsvorsprung und Wertschöpfung ist den Unternehmen inzwischen bewusst geworden. Wissensmanagement und der produktive Umgang mit Informationen gehören zu den heiß diskutierten Themen. Welche Kompetenzen hierzu wie und in welcher Form gefördert werden müssen, ist noch weitgehend unklar.
So zeigt sich das typische Manko von Prognosen: Ob sie in der Zukunft tatsächlich eintreffen, steht auf einem anderen Blatt. Für die Seminaranbieter dürfte es vor diesem Hintergrund kaum leichter werden, ihre Ressourcen langfristig zu planen. Wenn es eines Beispiels für das flexible und kurzfristige Eingehen auf Kundenwünsche bedarf - der Weiterbildungsmarkt liefert es.