Sind in der Krise nur 'harte' Weiterbildungsthemen gefragt? Dieser Schluss liegt nahe. Doch die aktuelle Trendanalyse zeigt: Die Unternehmen erkennen durchaus, dass in den Mitarbeitern und deren individuellen Qualitäten ein echter Wettbewerbsvorteil steckt. Sie setzen daher auf 'weiche' Themen – aber nur, wenn diese geldwerten Vorteil versprechen.
'Mittlerweile werden in den Trainings nahezu ausschließlich Problemstellungen aus dem Arbeitsalltag bearbeitet.' So bringt ein Personalentwickler die Abkehr vom klassischen Katalogseminar auf den Punkt. Konsequent schichten die Unternehmen ihre Budgets und Aktivitäten zugunsten firmeninterner Maßnahmen um – oder streichen Ausgaben für offene Seminare rigoros zusammen. Dies gilt erst recht in Krisenzeiten: Mehr als 35 Prozent der Unternehmen melden eine Verringerung des Anteils offener gegenüber firmeninternen Maßnahmen im Vergleich zum Vorjahr, lediglich zehn Prozent geben an, dass sich der Anteil offener Seminare erhöht hat. Dies ist ein Ergebnis aus der jährlichen Trendanalyse des Verlags managerSeminare, an der sich im August 2009 720 Weiterbildungsanbieter sowie 96 Personalverantwortliche aus Unternehmen beteiligten.
Geht es um Themen, die unmittelbar mit Kultur, Organisation und Arbeitsabläufen des Unternehmens verbunden sind, liegt die firmeninterne Abwicklung auf der Hand. Dies gilt insbesondere für Bereiche wie Personalauswahl und -entwicklung, Qualitäts-/Servicemanagement sowie Organisationsentwicklung und Projekt-/Prozessmanagement. Auf externe respektive offene Angebote greifen die Unternehmen bevorzugt dann zurück, wenn lediglich der punktuelle Weiterbildungsbedarf einzelner Mitarbeiter betroffen ist und/oder vorherrschend kognitives Wissen bzw. Methoden-Know-how vermittelt werden soll. Dazu gehören die Themen Sprachen und interkulturelles Training, Recht, Unternehmensführung sowie Office-Management. Auch Coachings sowie Maßnahmen zur Persönlichkeitsentwicklung werden aus naheliegenden Gründen verstärkt extern vergeben, ist hier doch der neutrale und unvoreingenommene Blick von außen sowie die Diskretion wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Maßnahme.
Top-Thema bleibt 'Mitarbeiterführung'
Hinsichtlich der inhaltlichen Schwerpunkte in Sachen Weiterbildung sind sich die Anbieter und Unternehmen in einem Punkt nach wie vor einig: Das Thema Mitarbeiterführung genießt sowohl aktuell als auch zukünftig die unangefochtene Priorität. Dahinter folgen bei den Weiterbildungsanbietern beinahe gleichauf die Themen Organisationsentwicklung, Coaching, Persönlichkeitsentwicklung sowie Verkauf/Marketing. Im Vergleich zum Vorjahr befindet sich damit das Thema Teambildung/Teamführung nicht mehr unter den Top-Five, stattdessen hat die Thematik Persönlichkeitsentwicklung einen erheblichen Bedeutungsschub erfahren. Ob und inwieweit hier die akute Wirtschaftskrise hineinspielt, ist natürlich spekulativ. Unsichere Zukunftsaussichten konfrontieren den Menschen verstärkt mit sich selbst, das eigene Selbstbild und die eigene Persönlichkeit rücken in den Fokus. 'Krisen fordern Persönlichkeiten!' lautet das ungeschriebene Gesetz in Führungsetagen – auch wenn entsprechende Weiterbildungsangebote wohl vor allem von Privatzahlern wahrgenommen werden.
Die Unternehmen legen ihr Augenmerk jedenfalls stärker auf das Thema Teambildung/Teamführung – und rechnen auch in naher Zukunft mit einem Bedeutungszuwachs im Rahmen ihrer Weiterbildungsaktivitäten. Neben der Mitarbeiterführung zählen des Weiteren Coaching, Organisationsentwicklung sowie Projekt-/Prozessmanagement zu den momentanen Top-Themen. Die Schwerpunktsetzung belegt auch hier die Bemühungen der Unternehmen, Weiterbildungsmaßnahmen nahe am Arbeitsalltag der Mitarbeiter bzw. an deren operativen Tätigkeiten und Arbeitsprozessen anzusiedeln.
Die Bedeutung der Soft Skills wächstEinen im Vergleich zu den Vorjahren erheblich höheren Stellenwert im Ranking erfährt zudem das Thema Personalauswahl/-entwicklung. Der Fachkräftemangel scheint als Problematik nicht mehr nur in der Wirtschaftspresse diskutiert zu werden, sondern auch im Alltag der Unternehmen angekommen zu sein. Ein befragter Personaler erwähnt ausdrücklich 'das zunehmende Bewusstwerden aller, dass die wirkliche Differenzierung zum Wettbewerb nur über die Person geht'. Diese Einzelaussage spiegelt durchaus einen Tenor wider, der in zahlreichen Statements der an der Studie beteiligten Unternehmensvertreter herauszuhören ist. Trotz Wirtschaftskrise und Kosteneinsparungen betonen sie die wachsende Bedeutung der Soft gegenüber den Hard Skills, die geänderte Ausrichtung der Weiterbildungsmaßnahmen 'weg von fachlicher, hin zu sozialer Kompetenz' bzw. 'weg vom rein methodischen hin zum erfahrungsorientierten Training'. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die befragten Betriebe dem 'harten' Thema Verkauf/Marketing trotz des Wirtschaftseinbruchs lediglich eine mittlere Priorität beimessen. Einem Nischenthema wie 'Lernen und Kreativität' wollen sie zukünftig hingegen wesentlich mehr Aufmerksamkeit widmen. Auch der Themenbereich 'Stressbewältigung/Gesundheit' besticht nicht mehr allein durch seine exorbitante Zukunftsprognose, sondern etabliert sich im bestehenden Weiterbildungsportfolio der Unternehmen als wichtiges Thema. Womit sich einmal mehr zeigt: Weiterbildungsbedarf ist nur sehr bedingt eine objektiv messbare Größe. Er wird vielmehr dann erkannt, wenn das Bewusstsein für ein Problem wächst.