Das gute Konjunkturklima belebt inzwischen sogar das zuletzt stark rückläufige offene Seminargeschäft. Zugleich wächst seitens der Unternehmen wieder das Interesse an 'weichen' Themen. Offenbar reift die Erkenntnis, dass zur Wertschöpfung die Wertschätzung der Mitarbeiter entscheidend beiträgt.
Offene Seminare laufen wieder besser. Das jedenfalls ist ein zentrales Ergebnis der aktuellen Trendanalyse des Verlags managerSeminare. 336 Trainer und 89 Personalentwickler aus Unternehmen gaben Auskunft über ihr Weiterbildungsgeschäft. Demnach ist das offene Seminar kein Auslaufmodell: Jedes vierte der befragten Unternehmen gab an, dass sich der Anteil externer Seminare erhöht hat (Vorjahr: 17 Prozent). Lediglich rund 22 Prozent (Vorjahr: 33 Prozent) können einen Rückgang des externen Anteils feststellen.
Wie sich das neu erstarkte Interesse an offenen Seminaren erklären lässt? Tatsächlich scheint sich in vielen Unternehmen ein regelrechter Weiterbildungsstau aufgelöst zu haben. Die internen Kapazitäten der Unternehmen reichen aber häufig nicht aus, um das gestiegene Interesse an Qualifizierungen abzudecken. Jetzt scheint sich das offene Seminar – dank gesunkener Preise – als die wirtschaftlichere Variante zu erweisen gegenüber der internen Durchführung.
Große Institute drängen ins firmeninterne GeschäftVon einer Trendumkehr zu sprechen, ist allerdings gewagt. Vielmehr dürfte es sich um einen Sondereffekt der aktuell guten Konjunkturentwicklung handeln. Denn an der Präferenz der Unternehmen für die firmeninterne Durchführung der Weiterbildung hat sich grundsätzlich nichts geändert. Mehr als drei Viertel der durchgeführten Maßnahmen finden firmenintern statt, lediglich ein knappes Viertel ihrer Weiterbildungsmaßnahmen bestreiten die Institute und Trainer mit offenen Seminaren, so das Ergebnis. Dieses Verhältnis von 3:1 erweist sich bereits seit einigen Jahren als sehr stabil.
Bei einer genauen Betrachtung zeigt sich zudem, dass die großen Weiterbildungsanbieter das firmeninterne Geschäft erheblich forciert haben. Lag deren Anteil an offenen Seminaren im Vorjahr noch bei 46 Prozent, so sank er laut aktueller Befragung um zehn Prozentpunkte auf nunmehr 36 Prozent. Damit erweisen sie sich zunehmend als unmittelbare Wettbewerber von Einzeltrainern und kleinen Trainernetzwerken, für die die firmeninterne Arbeit das Hauptgeschäftsfeld darstellt. So arbeiten 78 Prozent der Einzeltrainer überwiegend, 37 Prozent sogar ausschließlich firmenintern.
Wieder gefragt: nichtfachliche WeiterbildungDie Verschiebungen in der Durchführung der Seminare (offen versus firmenintern) haben indes keine Auswirkung auf die nachgefragten Themen der Weiterbildung. Hier zeigt sich in der Grundtendenz wenig Veränderung: Das Thema Mitarbeiterführung genießt nach wie vor die mit Abstand höchste Priorität – sowohl in den Augen der Trainer als auch bei den Unternehmen. Die Weiterbildungsanbieter nennen danach nahezu gleichauf die Themen Verkauf/Marketing und Coaching, mit etwas Abstand folgen dicht beieinander liegend Zeitmanagement, Persönlichkeitsentwicklung, Teambildung/-führung sowie Organisationsentwicklung. Damit ergibt sich ein ähnliches Bild wie im Vorjahr, lediglich die Rangfolge der Themen hat sich leicht verschoben.
Die Unternehmensvertreter kommen zu einer ähnlichen Bewertung der Weiterbildungsthemen. Allerdings haben bei ihnen hinter der Mitarbeiterführung die Themen Organisationsentwicklung sowie Verkauf/Marketing die höchste Priorität. Danach folgen – ebenfalls eng beieinander liegend – Coaching und Persönlichkeitsentwicklung. Gegenüber dem Vorjahr deutlich an Bedeutung verloren hat der Bereich Projekt-/Prozessmanagement. Die mit Umstrukturierungen und Veränderungsprozessen verbundenen Weiterbildungsmaßnahmen der vergangenen Jahre scheinen im Großen und Ganzen bewältigt zu sein. Nun geht es wieder darum, die Organisationsstrukturen zu festigen – einschließlich der Mitarbeiter, die sich in diesen zurechtfinden müssen.
Zudem fällt auf, dass Unternehmen wie Weiterbildungsanbieter die gestiegene Bedeutung der nichtfachlichen Weiterbildung betonen. Gleich mehrmals als Trendthemen genannt werden 'glaubwürdige Führung', 'Ethik', 'Werte', 'Unternehmenskultur' sowie 'Sozialkompetenz' – mithin also jene Schlagworte, die aktuell die öffentlichen Globalisierungsdebatten beherrschen. Nach Jahren der forcierten Bemühungen um Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit stehen nunmehr wieder die Sinnerfüllung durch Arbeit und deren produktives Potenzial auf der Agenda. 'Wertschöpfung durch Wertschätzung' könnte als Überschrift die Personalentwicklung der kommenden Jahre charakterisieren. Themen dieses Kalibers lassen sich allerdings kaum im klassischen Seminarraum-Setting trainieren. Das wissen inzwischen auch die Unternehmen und setzen ihre Prioritäten auf die individuelle und anlassbezogene Kompetenzentwicklung ihrer Mitarbeiter. 'Einstellung und Verständnis zum Thema Coaching haben sich positiv verändert', stellt ein befragter Personalverantwortlicher einer Bank fest. Darauf hoffen die Weiterbildungsanbieter schon lange. Von rund 50 Prozent mehr Mitbewerbern innerhalb der vergangenen drei Jahre berichtet eine überwiegend als Coach tätige Trainerin. Konsequenz: Auch das Geschäft mit Coaching-Ausbildungen floriert.