Die Einkäufer von Weiterbildung mussten in den vergangenen Jahren mit gekürzten Budgets agieren - und haben dadurch an Kompetenz und Selbstbewusstsein gewonnen. Sie wählen Maßnahmen, Teilnehmer und Trainer gezielter aus. Für Bildungsanbieter wird die Arbeit damit anspruchsvoller.
Höhere Anforderungen und eine Kundschaft, die in den vergangenen Jahren anspruchsvoller und kritischer geworden ist, verändern die Arbeit von Weiterbildungsanbietern. Diese Erfahrung teilt das Gros der 351 Trainer, die sich im Juli 2006 an der jährlichen Trendanalyse des Verlags managerSeminare beteiligten. Als 'strikte Performance-Orientierung mit punktgenauen, kurzfristigen und maßgeschneiderten Trainings' fasst ein befragter Trainer die Zukunft der betrieblichen Weiterbildung treffend zusammen.
Der bürokratische Aufwand nimmt weiter zu
Die gestiegenen Ansprüche verlangen von externen Weiterbildungsanbietern ein wesentlich größeres Know-how als nur methodisch-didaktische Expertise. Darüber hinaus werden die Trainer erheblich mehr belastet durch administrative und konzeptionelle Arbeitsroutinen. Vor allem Einzeltrainer, die jede Tätigkeit eigenhändig erledigen müssen, klagen über den 'zunehmenden bürokratischen Aufwand'. 'Die Einkäufer von Training/Beratung achten stärker auf Analyse, Qualität und Evaluation' so eine Trainerin. Auch bei vergleichsweise 'einfachen' Maßnahmen sind die Anbieter gefordert, vorab Unterlagen und Konzepte einzureichen, ihre Arbeitsweise darzulegen und gegebenenfalls gleich für mehrere Präsentationen und Pilottrainings zur Verfügung zu stehen.
Die Konsequenz: Gerade noch ein gutes Drittel ihrer Arbeitszeit widmen Weiterbildungsanbieter ihrem eigentlichen Kerngeschäft - Schulung und Training. Für alle anderen Begleitaufgaben rund um die Schulung wächst der Zeitaufwand. So beansprucht die Akquisition von neuen Aufträgen durchschnittlich doppelt so viel Arbeitszeit, wie sie den Trainern zur eigenen Weiterbildung zur Verfügung steht. Dabei ist der Trainer nur so lange im Geschäft, wie er gegenüber seinen Kunden einen Know-how-Vorsprung besitzt. Und nur für diesen ist der Kunde letztlich bereit, Geld auf den Tisch zu legen.
Evaluation: Für ein Viertel der Trainer kein Thema
'Jede Maßnahme sollte einen Return on Investment aufweisen können', beschreibt einer der 86 befragten Personaler das nicht mehr ganz taufrische Credo betrieblicher Weiterbildungsbemühungen. Indes: Im Arbeitsalltag der Weiterbildungsanbieter verharrt der Aufwand für die dafür eigentlich unerlässliche Evaluation seit Jahren auf einem unverändert niedrigen Niveau. Mehr als 29 Prozent der Bildungsanbieter geben sogar an, dass sie in die Evaluation keinerlei Arbeitszeit investieren. Dieser Anteil steht damit im krassen Gegensatz zu dem von Anbietern wie Nachfragern gerne als selbstverständlich proklamierten Anspruch der Maßschneiderung, Transfersicherung und Erfolgskontrolle der durchgeführten Maßnahmen.
93 Prozent der Unternehmen greifen für die Evaluation jedenfalls selten oder nie auf externe Bildungsanbieter zurück und beauftragen diese lieber mit originären Schulungsaufgaben. Letztere werden von drei Vierteln der befragten Unternehmen regelmäßig oder häufig an Externe vergeben. Auch bei der Beratung in allgemeinen Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung halten sich die Unternehmen mit der Einbindung externer Hilfe zurück. Lediglich ein knappes Drittel kauft diesbezüglich regelmäßig oder häufig Know-how ein. Bei der Konzeption ihrer Weiterbildungsmaßnahmen setzen sogar nur 27 Prozent der Betriebe des Öfteren auf fremde Hilfe: Knapp elf Prozent tun dies regelmäßig, rund 16 Prozent häufig. Und nicht einmal jedes fünfte der befragten Unternehmen zieht regelmäßig oder häufig externe Weiterbildungsanbieter zur Erstellung von Lernmedien und Schulungsunterlagen heran.
Dennoch sind die Unternehmen dank der positiven wirtschaftlichen Grundstimmung wieder offener, Geld für Weiterbildung in die Hand zu nehmen. Über 34 Prozent (Vorjahr: 19 Prozent) der Betriebe erhöhten ihre Seminartage in 2005, bei knapp 49 Prozent (Vorjahr: 57 Prozent) blieben sie unverändert, rund 17 Prozent (Vorjahr: 24 Prozent) reduzierten sie. Im Vergleich zur Vorjahresumfrage ging es damit deutlich bergauf.
Gute Ergebnisse auch mit geringem Budget
Dass die Weiterbildungsanbieter nunmehr auf einen Nachfrageboom hoffen dürfen, ist indes kaum zu erwarten. Der Sparzwang der vergangenen Jahre hat bei den Unternehmen den Sinn für das Mach- und Brauchbare geschärft. Häufig führte dies auch zu der Erkenntnis, dass sich mit geringem Budget sehr wohl gute Ergebnisse erzielen lassen. Neue Konzepte wurden getestet und erfolgreich etabliert. Infolgedessen haben die Personaler vielfach an Kompetenz und Selbstbewusstsein gewonnen, wie das Statement eines Personalentwicklers aus einer großen Non-Profit-Organisation belegt: 'Wir kennen unseren Bedarf jetzt besser und gehen gezielt daran, diesen zu bedienen.' Das war vor kurzem wohl noch keine Selbstverständlichkeit.
Zwei Tage Weiterbildung müssen reichen
Eine Rückkehr zu alten Zeiten mit vielen Seminaren in auswärtigen Hotels wird es daher selbst bei großzügigen Budgets nicht mehr geben. Denn neben der stärkeren Anbindung der Weiterbildung an das operative Tagesgeschäft achten die Unternehmen zunehmend darauf, ihre Maßnahmen zu fokussieren. 'Die Teilnehmer werden vom Unternehmen gezielter ausgewählt', beschreibt ein Trainer die praktische Konsequenz. Ein anderer bestätigt: 'Es werden kaum noch Alibi-Veranstaltungen gebucht.'
Die nackten Zahlen bestätigen dies eindrucksvoll. Für mehr als zwei Drittel der Unternehmen müssen zwei Tage Weiterbildung pro Jahr und Mitarbeiter reichen, rund 17 Prozent kommen sogar auf einen statistischen Durchschnitt von unter einem Tag. In den Genuss von drei und mehr Tagen Weiterbildung kommen die Mitarbeiter hingegen nur noch in 31 Prozent der Unternehmen - ein Rückgang um 19 Prozentpunkte innerhalb von drei Jahren.
Wer als Trainer immer noch auf das reine Seminargeschäft setzt, sollte sich daher nicht wundern, wenn der wirtschaftliche Aufwärtstrend nahezu spurlos an ihm vorüberzieht.