Newsticker

Trendanalyse 2004: Trainer brauchen einen langen Atem

Der Krise zum Trotz: Ein grundsätzliches 'Nein!' zur Weiterbildung findet man in Unternehmen selten. Doch Wirtschaftlichkeitserwägungen und lange Entscheidungsprozesse erhöhen den Aufwand der Trainer für Akquisition und Kundenbetreuung - und schmälern den Ertrag.

'Die Bereitschaft zur Qualifizierung der Mitarbeiter in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist zwar da, jedoch hat die Finanzierung das letzte Wort. Solange es boomte, interessierte sich dafür niemand.' Die Erfahrung eines Trainers, der sich im Juli 2004 an der jährlichen Trendanalyse des Bonner Verlages managerSeminare beteiligte, bringt das Dilemma auf den Punkt. Vielen Unternehmen fehlt es im Angesicht der Krise an Erfahrungswerten, um in Sachen Weiterbildung die Spreu vom Weizen, das dringend Erforderliche vom weniger Wichtigen und das strategisch Sinnvolle vom Überflüssigen zu trennen. Nun führen die Controller das Regiment mit der Konsequenz, dass Unternehmen bei ihren Sparbemühungen häufig über das Ziel hinaus schießen. Stoische Geduld und Überzeugungsarbeit zählen daher zu den Trainertugenden schlechthin.

'Der Aufwand für einen Auftrag ist vier Mal höher als noch vor drei Jahren', so ein typisches Statement. Die Akquisition erfordert nicht nur Verkaufstalent, sondern vor allem den kaum lösbaren Spagat zwischen penetranter, aber gleichwohl unaufdringlicher Kontaktpflege. 'Die Akquisitionszeit vom Erstkontakt bis zur Auftragserteilung ist von sechs auf bis zu 18 Monate gestiegen', beschreibt ein Trainer die neue Lage. Dass es fast allen der 430 befragten Trainer so ergeht, macht die Aufgabe nicht leichter. Zunehmend 'genervte Auftraggeber bezüglich der extremen Akquise-Aktionen' sind die Konsequenz.

Hinter der eigentlichen Schulungstätigkeit mit knapp 34 Prozent Anteil am Arbeitsvolumen verbringen Trainer mit Akquisition und Marketing dann auch die meiste Arbeitszeit. Rund 17 Prozent ihrer Zeit bringen sie hierfür auf. Für die eigene Weiterbildung liegt der zeitliche Aufwand hingegen mit ca. acht Prozent nur halb so hoch. Anders formuliert: Die Vermarktung ihrer Kompetenz kostet Trainer inzwischen erheblich mehr Zeit als die Weiterentwicklung eben dieser. Nahezu gleichauf liegt die durchschnittlich benötigte Arbeitszeit für die Konzeption von Trainingsmaßnahmen sowie für die Beratung in allgemeinen Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung. Die Erstellung von Lernmedien und Trainingsunterlagen mit rund neun Prozent sowie die Evaluation mit knapp sechs Prozent beanspruchen deutlich weniger Zeit.

Unternehmen wissen nicht, wohin die Reise geht

Die nach wie vor geringe Bedeutung der Evaluation lässt sich auch an einem seit Jahren konstanten Wert festmachen: Mehr als ein Viertel der Bildungsanbieter gibt an, dass ihr Arbeitsaufwand in Sachen Evaluation bei null liegt. Der von Anbietern wie Nachfragern als selbstverständlich proklamierte Anspruch der Maßschneiderung und Transfersicherung scheint in der Realität der betrieblichen Weiterbildung häufig noch nicht angekommen zu sein. Die gegenwärtige Situation dürfte daran nichts ändern. 'Die Unternehmen wissen immer weniger über ihre Zukunft, Ziele und Anforderungen Bescheid - entsprechend findet nur wenig strategische Entwicklung in Sachen PE statt', beschreibt ein Trainer das Problem. Er benennt damit den Grund, warum sich Evaluation vor diesem Hintergrund erübrigt: Wer keine Ziele hat, weiß auch nicht, was er messen soll.

92 Prozent der 107 befragten Unternehmen greifen für die Evaluation selten oder nie auf externe Bildungsanbieter zurück. Sie betrauen diese lieber mit originären Schulungsaufgaben. 75 Prozent kaufen regelmäßig oder häufig diese Leistung ein. Zurückhaltender gegenüber externer Hilfe zeigen sich die Unternehmen bei der Beratung in allgemeinen Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung. 37 Prozent beauftragen Externe. Auch bei der Konzeption ihrer Weiterbildungsmaßnahmen setzt nur ein knappes Drittel auf fremde Hilfe: Elf Prozent tun dies regelmäßig, 21 Prozent häufig. Ein Viertel der Unternehmen zieht regelmäßig oder häufig externe Bildungsanbieter zur Erstellung von Lernmedien und Schulungsunterlagen heran.

Die Herausforderung: Weiterbildung trotz gekürzter Budgets

Im Vorfeld der eigentlichen Schulungsmaßnahme zeigen sich die Betreibe gegenüber der Kompetenz der Bildungsanbieter also erheblich aufgeschlossener als bei der Nachbereitung. Was die Bildungsbranche insgesamt hoffnungsvoll stimmen dürfte: Im Vergleich zur Umfrage im Juli 2003 sind die Unternehmen wieder öfter bereit, externes Know-how in Anspruch zu nehmen. Mit Ausnahme der Erstellung von Lernmedien ist der Anteil der Firmen, die nie mit Weiterbildungsanbietern zusammenarbeiten, deutlich kleiner geworden.
Dennoch war auch das Jahr 2004 von gekürzten oder zumindest eingefrorenen Weiterbildungsbudgets bestimmt.

Das massive Bemühen der Unternehmen, vor allem die indirekten Kosten für Reise, Übernachtung und Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu senken, zeigt sich im jährlichen Zeitbudget, das Firmen ihren Mitarbeitern für Weiterbildung gewähren. Gegenüber den Ergebnissen aus 2003 stieg der Anteil der Mitarbeiter, die sich mit weniger als einem Tag Weiterbildung begnügen mussten, um fast elf Prozentpunkte auf 17 Prozent. In den Genuss von drei und mehr Tagen Weiterbildung kamen nur 39 Prozent der Mitarbeiter - ein Rückgang von zehn Prozentpunkten. Die Verkürzung der Schulungszeiten pro Mitarbeiter geht in der Regel einher mit einer Verlagerung zu Inhouse-Seminaren und einem gemeinsamen Training kompletter Teams und Abteilungen on the job.

Fazit: Dem gestiegenen Kostenbewusstsein können Weiterbildner am besten mit unternehmerischen Denken begegnen. Gerade in Krisenzeiten müssen sie Antworten auch auf unangenehme Fragen parat haben, um als gleichberechtigter Ansprechpartner im Spiel zu bleiben. Wenn also Bildungsbudgets notgedrungen um 15 Prozent gekürzt werden müssen, sollte dem Auftraggeber plausibel dargelegt werden können, wo die 15 Prozent den Betrieb am wenigsten schmerzen. Das beeindruckt allemal mehr als ausufernde Grundsatzdiskussionen.
Autor(en): (jgr)
Quelle: Training aktuell 03/05, März 2005
Wir setzen mit Ihrer Einwilligung Analyse-Cookies ein, um unsere Werbung auszurichten und Ihre Zufriedenheit bei der Nutzung unserer Webseite zu verbessern. Bei dem eingesetzten Dienstleister kann es auch zu einer Datenübermittlung in die USA kommen. Ihre Einwilligung bezieht sich auch auf die Erlaubnis, diese Datenübermittlungen vorzunehmen.

Wenn Sie mit dem Einsatz dieser Cookies einverstanden sind, klicken Sie bitte auf Akzeptieren. Weitere Informationen zur Datenverarbeitung und den damit verbundenen Risiken finden Sie hier.
Akzeptieren Nicht akzeptieren
nach oben Nach oben