Bildungsanbieter wie Unternehmen zeigen sich in ihren Weiterbildungsaktivitäten derweil nicht gerade experimentierfreudig. Geschult wird, was bekannt ist - auch wenn die Einschätzung dessen, welche Themen künftig an Bedeutung gewinnen werden, eine ganz andere ist.
Wer glaubt, dass die anhaltende Wachstumsschwäche Unternehmen zu einer mutigen Neuausrichtung ihrer Weiterbildungsaktivitäten veranlasst, liegt falsch. Es wird nicht nur weniger geschult, es wird auch in der Regel Altbewährtes geschult. Und es dominiert der kurzfristige Nutzen vor der langfristigen Perspektive. Im Bildungsangebot der Unternehmen an die eigenen Mitarbeiter herrschen jedenfalls die Klassiker vor - zumindest bei den 107 Firmen, die sich neben den 430 Trainern und Instituten an der jährlichen Trendanalyse des Bonner Verlages managerSeminare im Juli 2004 beteiligt haben. In den Bereichen Präsentieren/Moderieren, Mitarbeiterführung, Zeitmanagement sowie IT/Neue Medien schulen beinahe alle Unternehmen ihre Mitarbeiter. Auch die Themen Verkauf und Projekt-/Prozessmanagement haben ihren festen Platz in den Weiterbildungsbemühungen der Betriebe. An Themen wie Stressmanagement/Gesundheit oder Lernen und Kreativität haben indes rund 40 Prozent der Unternehmen gegenwärtig keinen Bedarf. Kurz: Man setzt auf 'Handfestes' und besinnt sich in schwierigen Weiterbildungszeiten auf die bewährte Programmatik eines Konrad Adenauer, die bekanntlich lautete: 'Keine Experimente!'
Abkehr von der Teamentwicklung
Wie schätzen nun Trainer und Unternehmen aus ihrer persönlichen Sicht die gegenwärtige und zukünftige Bedeutung von Weiterbildungsthemen ein? Unter 20 Bereichen konnten die Befragten jeweils ihre fünf Favoriten ankreuzen.
Einig sind sich Weiterbildungsanbieter und Unternehmen bereits seit Jahren in einem Punkt: Das Thema Mitarbeiterführung hat bei den Weiterbildungsbemühungen einen unangefochtenen Spitzenplatz inne. Dahinter folgen bei den Weiterbildungsanbietern die Themen Verkauf/Marketing, Coaching, Organisationsentwicklung und Projekt-/Prozessmanagement. Auffällige Verschiebung gegenüber dem Vorjahr: Das Thema Teambildung/Teamführung hat für die Trainer deutlich an Bedeutung verloren. Vor dem Hintergrund von Personalfreisetzungen, Diskussionen um Arbeitszeitverlängerung und Einschränkungen bei der Mitbestimmung sind Trainings zur Teamarbeit zurzeit kaum zu vermitteln. Auch der Bereich IT/Neue Medien verliert nach Einschätzung der Bildungsanbieter massiv an Gewicht.
IT-Schulungen - jahrelang das Butter-und-Brot-Geschäft der großen Weiterbildungsinstitute - werden auf dem offenen Seminarmarkt inzwischen zu Kampfpreisen angeboten. Bei den Unternehmen hat sich das Thema IT/Neue Medien übrigens ebenfalls aus den vorderen Rängen des Rankings verabschiedet. Auch hinsichtlich der derzeit wichtigsten Themen der Weiterbildung herrscht Übereinstimmung. Die Unternehmen nennen exakt die gleichen fünf Themen wie die Bildungsanbieter und sehen lediglich Projekt-/Prozessmanagement vor dem Thema Organisationsentwicklung. Zudem messen sie der Mitarbeiterführung eine wesentlich höhere Bedeutung zu als die befragten Bildungsanbieter. Führungskompetenz wird in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld eben noch dringender benötigt als in Wachstumsphasen.
Einigkeit zeigt sich wiederum bei der Einschätzung der zukünftigen Weiterbildungsschwerpunkte: Coaching, Mitarbeiterführung, Organisationsentwicklung, Persönlichkeitsentwicklung und Konfliktmanagement lautet die Rangfolge bei den Weiterbildungsanbietern. Die Unternehmen nennen mit einer Ausnahme ebenfalls diese Themen, wenn auch in einer anderen Gewichtung. Anstelle der Persönlichkeitsentwicklung zählen sie Projekt-/Prozessmanagement zu den wichtigsten Inhalten.
Wird am eigentlichen Bedarf vorbeigeschult?
Dass Weiterbildungsanbieter das Wachstumspotenzial der Themen Coaching und Persönlichkeitsentwicklung deutlich optimistischer beurteilen, ist nachvollziehbar. Schließlich zählen auch interessierte Privatpersonen zu ihren Kunden. Und der Markt der Selbstzahler in Sachen Weiterbildung wird zukünftig in dem Maße wachsen, wie sich Betriebe auf unmittelbar unternehmensrelevante Weiterbildungsinhalte konzentrieren.
Bemerkenswert bleibt, dass Weiterbildungsthemen wie Präsentation und Zeitmanagement, denen Unternehmen bereits seit Jahren eine stark rückläufige Bedeutung prognostizieren, den Mitarbeitern dennoch weiterhin ganz selbstverständlich angeboten werden. Umgekehrt werden Themen, die als wichtig erkannt sind, in den Betrieben noch lange nicht angegangen und umgesetzt. So erwarten die Betriebe einen erheblichen zukünftigen Bedeutungszuwachs ausgerechnet bei den Themen, auf die sie gegenwärtig de facto am häufigsten verzichten: Stressmanagement/Gesundheit sowie Lernen und Kreativität.
Die Frage nach der zukünftigen Bedeutung von Weiterbildungsthemen: Sie liefert weniger eine präzise Prognose als vielmehr handfeste Indizien, wo den Unternehmen zurzeit der Schuh drückt, doch notwendige Maßnahmen aufgeschoben werden. Hier handeln Unternehmen offenbar genauso konsequent bzw. inkonsequent, wie sie es Bildungspolitikern bisweilen vorwerfen.