Verkaufstalent gehört inzwischen zu den unerlässlichen Fähigkeiten eines erfolgreichen Trainers. Die dazu nötige Kompetenz erwirbt er sich arbeitsplatznah durch Learning-by-doing, verbringt er doch - nach seiner Arbeit im Seminarraum - die meiste Zeit damit, Kundengespräche zu führen und neue Aufträge zu akquirieren. Dies ist ein Fazit der Trendanalyse, die der Verlag managerSeminare im Juli 2001 unter 481 Weiterbildungsanbietern und 110 Weiterbildungsverantwortlichen in Unternehmen durchführte.
In nackten Zahlen: Die unmittelbare Schulung ist mit 35 Prozent Anteil am Arbeitsvolumen immer noch der größte Brocken, danach verschlingt der Arbeitsaufwand für Akquisition und Marketing mit mehr als 15 Prozent die meiste Zeit. Dieser liegt damit beinahe doppelt so hoch wie die zeitliche Investition in die eigene Weiterbildung. Es ist für Trainer somit ungleich aufwendiger, die eigene Kompetenz zu vermarkten, als diese durch Weiterbildung up to date zu halten. Und für nicht wenige Anbieter erweist sich der ohnehin schon harte Wettbewerb als noch etwas härter: Rund 16 Prozent opfern mehr als ein Viertel ihrer Arbeitszeit dem Bemühen um neue Aufträge, für jeden zehnten Trainer ist die Akquisition sogar die zeitaufwendigste Tätigkeit.
Nahezu gleichauf liegt die durchschnittlich benötigte Arbeitszeit für die Konzeption von Trainingsmaßnahmen sowie für die Beratung in Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung. Die Erstellung von Lernmedien und Trainingsunterlagen mit knapp zehn Prozent sowie die Evaluation mit knapp sechs Prozent nehmen deutlich weniger Zeit in Anspruch.
Maßnahmen werden besser vor- als nachbereitet
Die nach wie vor geringe Bedeutung der Evaluation lässt sich auch an einem anderen - seit Jahren praktisch unveränderten - Wert festmachen: Ein Viertel der Bildungsanbieter gibt an, dass Evaluation in ihrer Arbeit keinerlei Rolle spielt. An die Nase fassen müssen sich hier auch viele Personalverantwortliche in Unternehmen, die zwar häufig über 'nutzlose Trainings' klagen, es aber offensichtlich versäumen, Weiterbildungsanbieter stärker in die Pflicht zu nehmen. Vielleicht ist es die Angst vor einem zu großen Einfluss externer Bildungsanbieter auf betriebliche Interna, die viele Unternehmen vor einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe zurückschrecken lässt. 92 Prozent der Unternehmen greifen für die Evaluation jedenfalls selten oder nie auf externe Bildungsanbieter zurück und betrauen sie lediglich mit klassischen Schulungsaufgaben. Deutlich aufgeschlossener gegenüber externer Hilfe zeigen sich die Unternehmen bei der Beratung in allgemeinen Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung. 45 Prozent lassen sich regelmäßig oder häufig beraten. Und auch bei der Konzeption ihrer Weiterbildungsmaßnahmen setzen Unternehmen öfter auf fremde Hilfe: 32 Prozent gaben an, regelmäßig oder häufig freie Trainer für dieses Aufgabengebiet heranzuziehen. Im Vorfeld der eigentlichen Schulungsmaßnahme nehmen die Firmen die Kompetenz der Bildungsanbieter offensichtlich selbstverständlicher in Anspruch als dies bei der Nachbereitung der Fall ist.
Endgültig passé sind die Zeiten, in denen sich das Erstellen von Lernmedien auf die schlichte Anfertigung von Hand-outs zur Seminarbegleitung beschränkte. Mit der Popularität von e-Learning-Konzepten steigt die Bereitschaft der Unternehmen, für diese technisch wie didaktisch anspruchsvolle Aufgabe externes Know-how einzukaufen. Knapp 23 Prozent tun dies inzwischen regelmäßig oder zumindest häufig. Und nur noch jedes vierte Unternehmen glaubt, hierfür gänzlich auf externe Hilfe verzichten zu können. Vor zwei Jahren lag deren Anteil noch bei über 40 Prozent.
Kurz und öfter schulen
Unübersehbar ist der Wunsch der Unternehmen nach komprimierten Inhalten und kürzeren Seminaren, um die Abwesenheitszeiten vom Arbeitsplatz so gering wie möglich zu halten. Was nicht zwangsläufig bedeutet, dass weniger geschult wird, vielmehr geht der Trend zu gesplitteten Maßnahmen mit Follow-up-Workshop und kurzen Intervalltrainings am Arbeitsplatz. So erhöhten knapp 37 Prozent der befragten Unternehmen ihre Seminartage im Jahr 2000, lediglich 16 Prozent reduzierten sie, bei rund 47 Prozent blieben sie unverändert.
Den Luxus von mehr als drei Tagen Weiterbildung pro Jahr und Mitarbeiter kann (will?) sich ein Drittel der befragten Unternehmen leisten. Durchschnittlich zwei Tage sind bei 31 Prozent der Unternehmen die Norm, ein knappes Viertel muss sich mit einem Tag oder weniger pro Jahr und Mitarbeiter begnügen. Dennoch: Gegenüber dem Vorjahr ist der Anteil der Mitarbeiter, die in den Genuss von mehr als drei Tagen Weiterbildung kommen, um sechs Prozent angestiegen. Zurückzuführen ist diese Entwicklung maßgeblich auf die Dienstleistungsbranche. Knapp 30 Prozent gewähren ihren Mitarbeitern zwischen vier bis sechs Tage Weiterbildung pro Jahr, bei fast zwölf Prozent sind es sogar mehr als sechs Tage. Für den Zusammenhang zwischen Weiterbildung und Wettbewerbsvorsprung bedarf es in dieser Branche offenbar wenig Überzeugungsarbeit - Versäumnisse im Know-how werden vom Kunden durch Wegbleiben bestraft.
Ob der Trend zu sehr kurzen modularen Schulungseinheiten der Königsweg zu einer systematischen Personalentwicklung ist, lässt sich nur mit einem 'Es kommt darauf an' beantworten. 'Kunden wollen maximalen Nutzen in minimaler Zeit und denken bei Trainings sehr selten langfristig - sie stopfen lieber Löcher durch Strohfeuer', beobachtet ein Trainer die Tendenz in Unternehmen, an Symptomen herumzukurieren anstatt nachhaltige Lösungen zu suchen. Ein anderer sieht hingegen Unternehmen nach dem Motto 'Mehr Qualität statt Quantität!' agieren und kann dem nur Positives abgewinnen: Das zwinge den Trainer, sich mit dem eigenen Angebot exakter zu positionieren und sich von den zahl- wie namenlosen Wettbewerbern abzuheben.
Quelle:
Jürgen Graf (Hrsg.): Seminare 2002. Das Jahrbuch der Management-Weiterbildung, Bonn 2001, ISBN
3-931488-02-0, 49,90 Euro.