Ressourcen sind endlich – diese Binsenweisheit kennt heutzutage jedes Kind. Wie aber kann man dieses abstrakte Wissen für Seminarteilnehmer konkret erlebbar machen? Ein Seminarspiel verspricht Unterstützung für den Trainer. Ob es dieses Versprechen einlöst, hat Training aktuell getestet.
Das Angebot: Vielfältige Einsatzmöglichkeiten verspricht der Hersteller Metalog für 'Ecopoly': Mit dem Spiel sollen sich etwa Moderationsfähigkeiten, Feedbackprozesse, systemische Zusammenhänge, der Umgang mit Ressourcen oder Werteorientierung illustrieren lassen. Wie das genau passieren soll, bleibt allerdings der Fantasie der Trainer überlassen, denn die Spielanleitung gibt hierfür weder Vorgaben noch Anregungen. Das Szenario des Spiels ist relativ komplex. Drei Teams zapfen mit ihren Raumschiffen nach bestimmten Regeln einmal im Monat ein lebenswichtiges Gas auf einem gemeinsamen Mutterplaneten ab, das sich dort regelmäßig regeneriert. Die Teams sollen sich einerseits einen Gasvorrat anlegen; andererseits gefährdet eine übermäßige Ressourcennutzung das Überleben aller, weil sich das Gas auf dem Mutterplaneten dann nicht mehr im nötigen Umfang neu bilden kann. Der Clou des Spiels: Die Teams müssen unabhängig voneinander im Geheimen entscheiden, wie viel Gas sie tanken werden. Die verbleibende Restmenge ist also schwer abzuschätzen.
Der TA-Check: Das Grundprinzip haben die Teilnehmer sehr schnell verstanden: Sie sollen zwar ihre Bedürfnisse befriedigen – die Raumschiffe verbrauchen pro Monat eine vorgegebene Menge Gas – , müssen dabei aber Maß halten, weil sie sonst ihre gemeinsame Lebensgrundlage verlieren. In der ersten Runde sind die Teams entsprechend vorsichtig und tanken nur wenig Gas auf dem Mutterplaneten. Bereits in der zweiten Runde kippt jedoch dieses Verhalten, der Egoismus siegt: Zwei von drei Teams verlangen so viel Gas, dass die Vorräte des Mutterplaneten komplett aufgebraucht sind – hier kann sich nichts mehr regenerieren und die Raumschiffpiloten müssten nach dem Verbrauch ihrer eigenen Vorräte sterben. Bereits nach der zweiten Runde ist das Spiel also zu Ende – ein Ergebnis, das laut Metalog jedoch einen Erkenntnisprozess anstoßen kann.
Erleichtert stelle ich fest, dass die Teilnehmer über das schnelle Spielende nicht frustriert sind, sondern eine angeregte Diskussion über die unterschiedlichen Strategien, die sie angewandt haben, beginnen. Rasch werden sich die Spieler einig: Jedes Team muss für die anderen mitdenken und darauf vertrauen, dass auch sie sinnvoll und im Dienst der Allgemeinheit handeln. Zum Überleben muss man zusammenarbeiten, Kooperation statt Egoismus ist gefragt. Auch wird erkannt, dass kurzfristige (möglichst schnell einen Vorrat anlegen) und langfristige Ziele (nachhaltige Ressourcenverwendung) oft nicht leicht miteinander vereinbar sind – eine Erkenntnis, die sich auch in den Unternehmensalltag transportieren lässt. Allerdings sind sich nach der Testrunde alle einig: Das Spielprinzip ist sehr leicht zu durchschauen. Wenn alle Teams soziales Verhalten an den Tag gelegt hätten und jeweils nur die Menge Gas abgezapft hätten, die sie verbrauchen, hätte das zu einem Stillstand im Spielablauf geführt. Die Teams, die in der zweiten Runde eine große Gasmenge abgezapft haben, wollten damit vor allem mehr Dynamik ins Spiel bringen.
Der TA-Eindruck: Das frühe Scheitern regte in der Gruppe tatsächlich eine lebhafte Diskussion an über eine sinnvolle Taktik, eine nachhaltige Verwendung von knappen Ressourcen und über Werte, die für ein gemeinsames Überleben notwendig sind. Allerdings wünschten sich die Teilnehmer ein konkretes Spielziel, um das Spiel spannender zu machen und stärker zu strukturieren. Hier ist also der Trainer gefragt.
TA-Fazit: Regt zum Nachdenken und Diskutieren an. Um das Potenzial des Spiels auszuschöpfen, braucht der Trainer aber weitere Ideen.
Ecopoly. Metalog, Olching 2010, 175 Euro.