Trainer und Personalentwickler tauschen sich zwei Tage lang über das Thema Wahrnehmung aus, entwickeln dabei Ideen für firmenspezifische Trainingskonzepte und nähern sich geschäftlich aneinander an. So die Idee hinter dem 'Y-Themenpark' von Trainervermittlerin Jutta Häuser. Training aktuell hat beobachtet, ob das Veranstaltungskonzept aufgegangen ist.
Mit der Spielkarte ist es wie verhext. Kaum hat sie der Zauberer einmal umgedreht und hält sie erneut in die Runde, ist darauf eine andere Anzahl roter Karos zu sehen – mal vier statt drei, mal sechs statt vier ... Die neun Zuschauer im Raum schwanken zwischen Staunen und nagender Neugierde. Die Neugierigen haben ausnahmsweise einmal Glück: Dr. Klaus Peter Pfeiffer, der nicht nur Zauberkünstler, sondern auch Trainer ist, verrät, worin der Trick besteht: Er hält die Karte zuweilen so, dass seine Finger bestimmte Stellen überdecken. Der Zuschauer jedoch denkt sich für eben diese Stellen die Karos automatisch hinzu. Er sieht etwas, das eigentlich gar nicht da ist – ein Paradebeispiel für die Tücken der Wahrnehmung. Wie überhaupt Zauberkunststücke Lehrstücke in Sachen Wahrnehmung sind und damit ein geeigneter Auftakt zu einem Workshop, der um das Thema Wahrnehmung kreist. Ausschließlich um Wissensaneignung und -austausch über das Thema Wahrnehmung geht es bei der zweitägigen Arbeitsrunde, zu der sich Ende Januar 2008 acht Teilnehmer im Mintrops Landhotel bei Essen eingefunden haben, allerdings nicht. Das Betätigungsfeld der Veranstalterin Jutta Häuser – die Trainervermittlung – lässt es schon ahnen: Der Workshop – nach Häusers Kölner Vermittlungsagentur Ypsylon GmbH 'Y-Themenpark' genannt –; ist darauf ausgerichtet, Trainer und Berater aus dem Vermittlungspool der Kölner Trainermarketing-Expertin mit Personalentwicklern aus Unternehmen zusammenzubringen – auf dass sich aus der Zusammenarbeit Synergien ergeben mögen.
Die Trainer sind in der Überzahl'Die Intention besteht darin, Personalentwicklern mehr Wissen über neue, interessante Themen zu vermitteln', sagt Häuser. Anders ausgedrückt: Häuser hofft, dass sich die angereisten Personaler für die Themen ihrer Trainer erwärmen. Sie hofft, dass alle gemeinsam Ideen für neue, firmenspezifische Trainings- und Beratungskonzepte entwickeln. Und ein bisschen hofft sie auch, dass sich auf diesem Wege möglicherweise Ansätze für eine geschäftliche Zusammenarbeit ergeben. Eine kleine Enttäuschung indes muss die Organisatorin gleich zu Beginn ihres Themenparks hinnehmen: Statt der sechs Unternehmensverteter, die eigentlich zugesagt hatten, sind bloß drei Personalerinnen der Firmen Draeger aus Lübeck, Actebis aus Soest und Storck aus Berlin erschienen. Und die stehen nun einer 'Übermacht' von fünf Trainern gegenüber.
Nichts für KonkurrenzorientierteDie fünf Trainer indes hat Häuser mit Bedacht ausgewählt: Sie sollten nicht in unmittelbarer Konkurrenz zueinander stehen – und nicht dazu neigen, gegen Kollegen die Ellbogen auszufahren. Teilnehmer wie der Kölner Philosoph und Kommunikationstrainer Dr. Klaus Peter Pfeiffer wissen das zu schätzen. 'Hätte ich fürchten müssen, dass dies hier zu einem Hauen und Stechen ausartet, wäre ich nicht gekommen', stellt Pfeiffer klar. Sein Kollege Wolfgang Rohr, Vorstandsmitglied der m3team AG aus Bovenden, der auch die Moderation des Themenparks übernommen hat, betont unterdessen, dass ihn der Marketingaspekt der Veranstaltung ohnehin gar nicht erst angelockt hat: 'Wichtiger ist mir die Möglichkeit, mich über ein spannendes Thema auszutauschen', so der Trainer, Coach und Moderator.
Austausch auf hohem NiveauDie Chance zur Wissenserweiterung erhält er allemal: Es ist ein leistungsfähiger Brainpool, der sich da für die zwei Tage in Essen eingefunden hat. Jedenfalls erweist sich die Gruppe als sehr reflexions- und diskutierfreudig. Das Konzept sieht vor, dass jeder der Trainer und Berater einen Teil der Veranstaltung selbst gestaltet, indem er in sein Spezialthema einführt und dann mit der Gruppe ins Gespräch einsteigt. Das gelingt gut. Mit Klaus Peter Pfeiffer tauscht sich die Gruppe nach dessen Auftakt-Performance angeregt über Potenziale und Grenzen der Zauberkunst als metaphorische Intervention in Trainings- und Beratungsprozessen aus. Mit Wolfgang Rohr diskutieren die Teilnehmer Sinn und Grenzen von Testverfahren zur Potenzialbeurteilung, nachdem Rohr einen Test, mit dem sein Institut arbeitet, vorgestellt hat. Themenpark-Teilnehmerin Dorothee Schank, die von Haus aus Kunsthistorikerin ist und in Saarbrücken ihr Trainings- und Beratungsinstitut Topauthent leitet, hat eine Methodik im Gepäck, mit der sich z.B. im Coaching die Wahrnehmungsfähigkeit erhöhen lässt. Das Verfahren ist der Kunstwissenschaft entlehnt und soll helfen, zu möglichst objektiven Sichtweisen einer Person zu gelangen. Es geht dabei darum, akribisch Daten über die Person zusammenzutragen, so dass mit der Zeit ein Bild jenseits spontaner subjektiver Eindrücke entsteht. Es macht der Gruppe sichtlich Spaß, sich in die Methode einweisen zu lassen und ihre objektive Wahrnehmung an Gemälden von Picasso und van Gogh zu schulen.
Dr. Kundri Böhmer-Bauer, Ethnologie-Dozentin an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität und mit ihrem Münchener Trainings- und Beratungsinstitut auf interkulturelle Themen spezialisiert, fordert die Gruppe, indem sie sie unter anderem in Rollenspielen spüren lässt, dass Wahrnehmung auch eine Frage des kulturellen Backgrounds ist. Und den Abschluss der Veranstaltung bestreitet Sport- und Business-Coach Dr. Kai Haack, der in Theorie und Praxis deutlich macht, welche Bedeutung die knappe Ressource Aufmerksamkeit für das Thema Wahrnehmung hat.
Die Idee geht nicht ganz aufKnapp ist indes auch die Ressource Zeit an jenen zwei Tagen in Essen. Und genau dies setzt dem Themenpark-Konzept zu. Jedenfalls bleibt gerade mal eine gute Stunde am Ende der Veranstaltung, um zu überlegen, was sich Neues aus den vorgestellten Methodiken und zusammengetragenen Erkenntnissen machen lässt. Ein paar nette erste Ideen kommen dabei zustande. Von ausgefeilten firmenspezifischen Trainings- und Beratungsdienstleistungen ist die Gruppe aber weit entfernt. Dafür ist wohl nicht allein der Zeitmangel verantwortlich, sondern auch die etwas unglückliche Konstellation mit fünf Trainern, aber nur drei Personalerinnen. 'Wären mehr Personaler dabei gewesen, hätten sich sicher dynamischere Prozesse entwickelt. Nach meinem Eindruck halten sich die Unternehmensvertreterinnen – weil in der Unterzahl – eher bedeckt', verleiht Trainerin Dorothee Schank einer gewissen Enttäuschung Ausdruck. Tatsächlich scheinen sich gerade in den fürs Netzwerken so wichtigen Pausen relativ wenig Synergien zwischen Trainern und Personalerinnen zu entwickeln, so angeregt die Diskussionen im Seminarraum auch sind.
Doch nicht nur das unausgeglichene Zahlenverhältnis erschwert aus Sicht von Actebis-Personalerin Carina Opitz ein stärkeres Aufeinandereingehen. 'Um gemeinsam an konkreteren Lösungen für Unternehmen zu arbeiten, bedarf es eines anderen Settings', vermutet Opitz. Angesichts solcher Einschätzungen und angesichts der Tatsache, dass alle Teilnehmer eine Teilnahmegebühr von 500 Euro zu entrichten hatten, könnte man am Gelingen der Veranstaltung zweifeln. Doch die Teilnehmer sehen die Sache (trotz ihrer Kritik in Einzelpunkten) anders. 'Ein gelungenes Seminar, bei dem die Kluft zwischen Auftraggebern und -nehmern angenehm in den Hintergrund getreten ist', lobt etwa Trainerin Böhmer-Bauer. Ähnlich sieht es Storck-Personalentwicklerin Petra Barth. Sie konstatiert: 'Eine so gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Externen habe ich selten erlebt.'
Brücken schlagen zwischen allen BeteiligtenAuch wenn das Konzept nicht vollständig aufgegangen ist, und sich wenig Konkretes aus der Zusammenarbeit ergeben hat, zweifelt Jutta Häuser nicht am Sinn ihrer Idee. Ihre persönliche Einschätzung: 'Brücken zwischen mehreren Anbietern zu schlagen, die Lösungen zu einem Themenbereich anbieten, und diese Anbieter mit Unternehmen zusammenzubringen, ist schon deshalb wichtig, weil punktuelle Maßnahmen in Unternehmen nichts bringen.'