111 Euro für ein zweitägiges Seminar in Rhetorik, Dialektik oder Verkaufsförderung - mit diesem Niedrigpreis will ein Jungunternehmer aus Hamburg den deutschen Weiterbildungsmarkt erobern. Gut, aber günstig sollen seine Kurse sein. Erreichen will er das vor allem durch niedrige Trainerhonorare.
Der junge Wilde kommt aus Hamburg, ist erst 24 Jahre alt und will die Weiterbildungsbranche umkrempeln: Christian Hansen ist Anfang Juli 2006 mit seinem Projekt Seminar-Discounter (www.seminar-discounter.de) an den Start gegangen und hat der Konkurrenz den Preiskampf angesagt. Ab sofort will Hansen deutschlandweit Seminarplätze zu Tiefpreisen verkaufen. Ein Rhetorik-Seminar sei bei ihm für 96,54 Euro zu haben, gibt er ein Beispiel. Allerdings muss der Kunde dazu noch die Mehrwertsteuer rechnen, wie die Homepage im Kleingedruckten verrät. Zwei Tage Training kosten damit rund 111,- Euro.
'Überfällige Reaktion auf Marktveränderungen'
Das Angebot ist für Hansen eine längst überfällige Reaktion auf die veränderten Marktgesetze: 'Die Unternehmen haben ihre Weiterbildungsbudgets seit Ende der 90er Jahre immer weiter zusammen gestrichen - nur die Anbieter haben darauf nicht reagiert.' Die Lücke zwischen 'Elite-Anbieter und Volkshochschule' will Hansen nun schließen und der 'Aldi der Weiterbildungsbranche' werden: billig und schnörkellos, aber mit gesicherter Qualität.
Damit das Angebot keine Leistungseinbrüche erfährt, hat sich Hansen ein standardisiertes Vorgehen ausgedacht: Zum einen beschränkt sich sein Trainings-Angebot auf Kurse zu Rhetorik, Dialektik und Verkauf - und zu denen gibt es fertige Seminarkonzepte, die die angeheuerten Trainer befolgen müssen. Zum anderen werden alle neuen Trainer von 'Cheftrainer' Bernd Hansen, dem Vater des Jungunternehmers, angelernt, um eine einheitliche Umsetzung zu garantieren. Viele Trainer finden das Konzept offenbar gut und wollen mitmachen: Eine 'zweistellige Zahl' ist schon vorstellig geworden, erzählt Hansen. Bis zu hundert Trainer will er in sein System aufnehmen und anschließend in ganz Deutschland einsetzen.
Wenig Fixkosten und geringe Honorare sollen den Niedrig-Preis ermöglichen
Gegenüber Training aktuell hat Christian Hansen erklärt, wie seine Preise trotz einer maximalen Kursgröße von zwölf Leuten möglich sein sollen: 'Wir haben wenig Fixkosten, weil wir keine Werbung machen und die Seminarräume nur nach Bedarf anmieten.' Und aus einem weiteren Sparpotenzial macht Hansen keinen Hehl: 'Die Trainer verdienen pro Kurs weniger.' Was Hansen genau unter 'weniger' versteht, erzählt er nur zögernd und nennt dann eine erstaunliche Zahl: 'Ein Stundensatz zwischen 35,- und 50,- Euro müsste realistisch sein.' Und er wirbt weiter: 'Bei einer unterstellten vollständigen Auslastung würde ein Trainer ein monatliches Einkommen von 5.600,- bis 8.000,- Euro erreichen.'
Christa Mesnaric, die selbst Erfahrung mit der Kalkulation von Trainings hat, hält diese Zahl für utopisch. Die Vizepräsidentin des Bundesverbandes für Verkaufsförderer und Trainer (BDVT) rechnet nach: 'Dieser Stundensatz würde mindestens die Hälfte der Kurseinnahmen verschlingen.' Das Honorar wird - gerade in der Anfangszeit - niedriger ausfallen, ist Mesnaric überzeugt: 'Das können maximal 25,- Euro pro Stunde sein', schätzt sie.
Kann das Angebot neue Zielgruppen erschließen?
Damit würde der Trainer bei 15 Trainingstagen auf 3.000,- Euro Einnahmen kommen. Das wären nach Betriebsausgaben, Steuern und Versicherungen rund 1.500,- Euro netto, überschlägt Mesnaric - und gibt zu bedenken: 'Das ist bei Vollauslastung zu wenig. Und es geht, wenn die Kurse nicht ausgebucht sind, schnell ans Existenzminimum.'
Letztlich muss jeder selbst entscheiden, welche Kalkulation ihm plausibel erscheint, meint Mesnaric. Die Vizepräsidentin kann dem neuen Anbieter auch etwas Gutes abgewinnen: 'Vielleicht erschließt Hansen neue Zielgruppen', spekuliert sie. Die ersten Kunden des Hamburger Jungunternehmers bestätigen ihre Vermutung. So hat für den ersten Kurs, der im August 2006 in Hamburg stattfindet, eine Zeitarbeitsfirma Plätze reserviert. 'Sie will Arbeitssuchende in Rhetorik schulen', berichtet Hansen.