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Rezension: Vom Solo zur Sinfonie - Was Unternehmen von Orchestern lernen können

'Ein Orchester ist ein kontinuierliches, gruppendynamisches Seminar', meint der Dirigent und Unternehmensberater Christian Gansch. Ein Seminar, in dem bis zu hundert Spitzenkräfte zusammenkommen, um für den gemeinsamen Auftritt zu proben. Und Probenarbeit bedeutet mehr als die musikalisch-technische Auseinandersetzung mit einer Partitur von Brahms, so Gansch. Um im entscheidenden Moment, also im Konzert, Spitzenleistungen erbringen zu können, seien Kompetenzen und Strategien erforderlich, die auch in Unternehmen auf der Tagesordnung stehen sollten: etwa Strategien zu Führung und Konfliktlösung sowie die Fähigkeit, zu kommunizieren und zu kooperieren.

Orchester können ein Vorbild für Unternehmen sein

Deshalb ist Gansch der Überzeugung, dass sich Unternehmen von der Arbeitsweise eines Orchesters einiges abschauen können. Nicht zuletzt, weil eine weitere Parallele zwischen Orchester und Unternehmen existiere: der Aufbau. In beiden Organisationen gibt es mehrere Abteilungen mit Abteilungsleitern und deren Stellvertretern, die unterschiedliche Aufgaben- und Verantwortungsbereiche abdecken. So besteht z.B. die Gruppe der Streicher - die zahlenmäßig größte Orchesterfraktion - aus fünf Instrumentengruppen: die ersten Geigen, die zweiten Violinen, die Violen, Celli und Kontrabässe. Jede Gruppe verfügt über einen Abteilungsleiter, der bei den ersten Geigen Konzertmeister genannt wird, bei den übrigen Vorspieler oder Stimmführer.

Dieser Führungsriege gemeinsam ist ein eigenverantwortliches Handeln. 'Die Führungskräfte entscheiden selbstständig, welche technischen Lösungen die ideale Umsetzung für ihre Gruppe garantieren', erklärt der Experte. Geführt wird die Gruppe optisch durch bestimmte Körperbewegungen ihres Leiters. Untereinander verständigen sich die Orchestermanager mit Blickkontakt - die Anordnung im Halbkreis um den Dirigenten macht dies möglich.

Der Dirigent vermittelt die Vision eines Werkes Trotz dieser fein aufeinander abgestimmten Kommunikation unter den Musikern bedarf es des Dirigenten, damit ein hörenswertes Ergebnis vorgetragen werden kann. Denn es ist seine Aufgabe, die Musiker auf die vorab erarbeitete Vision eines Werkes einzuschwören und gemeinsam mit ihnen Konzepte zu entwickeln, wie diese umgesetzt werden kann. Das gelingt nur, wenn alle - von der ersten Geige bis zur dritten Flöte - Vision und Konzept kennen und in ihrem Sinne agieren. Entsprechendes gilt für Unternehmen: Das Unternehmensziel und der Weg dorthin müssen nicht nur den Führungskräften bekannt sein, sondern allen Mitarbeitern. Dabei ist es laut Gansch unrealistisch, immer Konsens schaffen zu wollen. 'Es ist nicht möglich, bei der Umsetzung neuer Konzepte alle Betroffenen abzuholen', so der Experte.

Berücksichtigen sollte man jedoch, dass in einem Unternehmen wie in einem Orchester unterschiedliche Charaktere, Kompetenzen, Energien und Perspektiven wirken. Das Ziel ist ein Wechselspiel: 'Einer spielt Geige, ein anderer Trompete, ein dritter schlägt die Pauke. Und jeder hat im entscheidenden Moment seinen Auftritt.' Voraussetzung dafür ist, dass Heterogenität begrüßt wird. Ebenso wie der Drang nach Veränderung. Gansch hat nämlich die Erfahrung gemacht, dass Orchester Routine als Stillstand empfinden und sich nach Reibung sehnen, die eine persönliche wie künstlerische Weiterentwicklung fördert. Deshalb heißen Orchestermitglieder Auseinandersetzungen mit Kollegen oder Dirigenten prinzipiell willkommen - auch wenn es anstrengend ist. Denn sie wissen: Wer auf Status Quo beharrt, verhindert Inspiration und Innovation. Und letztlich gilt das für jede Organisation, meint Gansch.

Infos in seinem neuen Buch und im Internet.
Autor(en): (ahe)
Quelle: Training aktuell 09/06, September 2006
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