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Rezension: Systemisches Coaching

Wie gelingt es, Menschen richtig zu verstehen? Und wie kann in Beratungsprozessen entsprechend vorgegangen werden? In dem Buch 'Systemisches Coaching' erläutert der Autor Bernd Schmid Konzepte aus dem Bereich der Persönlichkeitsberatung und des Coachings, die seiner jahrzehntelangen Erfahrung als systemischer Berater entwachsen sind.

U.a. werden die so genannten Antreiber-Dynamiken vorgestellt, die der Transaktionsanalyse zuzuordnen sind. Laut Schmid entfalten diese Lebensmuster besonders in Stresssituationen ihre Wirkung. Der Antreiber 'Ich bin okay, wenn ich perfekt bin' z.B. führt zu einem Perfektionismus, der nicht nur übermäßigen Energieeinsatz fordert, sondern Menschen auch sehr anfällig für Kritik macht. Der Autor beschreibt Erkennungsmerkmale wie häufiges Rechtfertigen, das Vorwegnehmen von Einwänden sowie mangelnden Kontakt und Austausch. Die Gefahr für Berater liegt laut Schmid in der Wirklichkeitskonstruktion des Klienten, d.h., in der Antreiberdynamik, mitzuspielen. Im Kontakt mit dem Perfektionisten, so Schmid, entsteht leicht eine unterschwellige Abwertung, die zu einer 'Wer ist besser'-Rivalität führen kann.

Ein anderes Modell, das Schmid vorstellt, ist die Unterscheidung von 'Ich-Du-' und 'Ich-Es-Typen' samt ihren Implikationen und Komplikationen. Der Ich-Du-Typ ist beziehungsorientiert: Er versucht zunächst, eine gute Beziehung zum Gegenüber aufzubauen und hört vor allem auf dem 'Beziehungs-Ohr'. Demgegenüber steht für den Ich-Es-Typen die Sachebene im Vordergrund mit der Tendenz, die Beziehungsebene auszublenden. Treffen diese beiden unterschiedlichen Typen aufeinander, kommt es schnell zu Missverständnissen und möglicher Eskalation.

Als ein methodisches Konzept wird ferner die Arbeit mit Träumen sowie mit Fantasien und Trance vorgestellt. Dabei geht es darum, unbewusste Inszenierungen im Traum für das aktuelle Problem zu verstehen sowie intuitive Prozesse schöpferisch und zielorientiert zu gestalten. Milton Erikson und C.G. Jung stehen hier, wie auch bei den Überlegungen zur Geschlechtsidentität, Pate.

Zudem widmet sich das Buch auch Fragen der Kontraktgestaltung. So wird aufgezeigt, welchen Sinn ein Dreiecksvertrag mit Einbeziehung von Coachee, dem direktem Vorgesetzten des Coachs und der Personalleitung für ein gutes Gelingen des Coachings hat, aber auch welche Fallen zu Beginn gelegt sein können, z.B., wenn der Coach der Führungskraft eine nötige Konfrontation abnehmen soll. Wie nach Vorgesprächen mit den jeweiligen Beteiligten ein tragfähiger (Dreiecks-)Vertrag zustande kommt, zeigt Schmid an einem Beispiel. Dabei wird u.a. deutlich: Im Coaching begegnen sich (oft sehr) unterschiedliche Kulturen. Es gilt, die Aspekte, die in der Kultur des Klienten zuwenig berücksichtigt werden, z.B. Selbstreflexion, Ambivalenztoleranz, Beziehungsorientierung, im Beratungssystem des Coachings zu etablieren.

Fazit: Ein anspruchsvolles, hintergründiges Buch zum Thema systemisches Coaching mit vielen unterschiedlichen Facetten.

Bernd Schmid: Systemisches Coaching. 332 S., brosch., Edition Humanistische Psychologie, Bergisch Gladbach 2004, ISBN 3-89797-029-5, 25,- Euro.
Autor(en): (Hubert R. Kuhn)
Quelle: Training aktuell 08/05, August 2005
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