Stress kennt nur der Leistungsschwache! – Plattitüden wie diese lassen Burnout für die Betroffenen oft zu einem Stigma werden. Ulrich Scherrmann möchte dazu beitragen, dass Arbeitnehmer mit den Belastungen an ihrem Arbeitsplatz besser umgehen können.
Das Buch beginnt mit einem Blick auf Grundlagen und Ursachen von Burnout, der erschreckende Zuwachsraten verzeichnet, aber als offizielle Krankheit strittig ist. Dazu mag beitragen, dass die Ursachen überwiegend in personalen Faktoren gesucht und organisationale Faktoren zu wenig berücksichtigt werden.
Aus der systemischen Perspektive des Autors ist ein Paradigmenwechsel nötig, hin zu einer betrieblichen Gesundheitsförderung als Teil der Vision des Unternehmens. Das verlangt konkrete Maßnahmen der Prophylaxe, Prävention und Intervention, die Vorschläge hierzu bilden den Praxisteil des Buchs. Für die Prophylaxe gibt der Autor Beispiele für das Verhalten von Führungskräften und die Gestaltung der Organisation.
Gut ist die kritische Auseinandersetzung mit dem gängigen Work-Life-Balance-Ansatz, der Arbeit a priori als notwendiges Übel betrachtet und die Bedeutung sinnstiftender Arbeit für das Wohlbefinden oft beiseite schiebt.
Die Prävention soll ersten Anzeichen von Burnout bei Mitarbeitern gezielt begegnen. Sind beim Burnout eines Mitarbeiters Interventionen geboten, kommt dem sensiblen Umgang und der Kommunikation mit dem Betroffenen entscheidende Bedeutung zu, vor allem Führungskräfte tragen hier besondere Verantwortung. Wer Anzeichen für Burnout auslösende Faktoren im Unternehmen und bei Mitarbeitern identifizieren möchte, findet zum guten Schluss einen ausführlichen Burnout-Ampel-Fragebogen.
TA-Fazit: Sehr nützliches Handbuch für die Führung und Beratung von Mitarbeitern.
Ulrich Scherrmann: Stress und Burnout in Organisationen, 255 S., Springer, Heidelberg 2015, 34,99 Euro.