In diesem Buch werden 18 Persönlichkeiten zu systemischen Konzepten interviewt, die oft als Begründer des jeweils besprochenen Ansatzes gelten. So werden die manchmal doch etwas abstrakten Konzepte über die Biografie der Vordenkenden lebendig und besser nachvollziehbar.
Der Herausgeber Rudi Ballreich ist als Konfliktforscher und Berater bekannt geworden, was ein Grund dafür sein könnte, dass sich die ersten Beiträge mit Konflikten auseinandersetzen, was für systemische Literatur eher ungewöhnlich ist. Wer aber als Coach, Organisationsberater oder Führungskraft systemisch arbeitet, kommt um Konflikte nicht herum.
Die vorgestellten Ansätze reichen von der Konfliktdynamik in Organisationen, die vom langjährigen Kollegen Ballreichs, Friedrich Glasl, erläutert wird, über die dunklen Seiten von Gruppen bis zu Erklärungen von Aggression und Gewalt aus neurobiologischer Sicht. So wird die Konfliktdynamik auf der persönlichen, der Team- wie der Organisationsebene transparenter und besser verständlich. Auch wenn die weiteren Beiträge sich wieder mehr klassischen systemischen Konzepten, wie der personzentrierten Systemtheorie oder hypnosystemischem Arbeiten zuwenden, so zieht sich die Auseinandersetzung mit Konflikten doch durch die meisten Beiträge.
Die erfahrenen Interviewten erläutern etwa anhand von konkreten Beispielen, was ihre Absicht ist und wie ihre Diagnose der Situation lautet, aber auch, mit welchen Aufstellungen sie konkret arbeiten. Dies erleichtert ein reflektiertes und tief gehendes Verständnis systemischen Denkens über eine spezielle Ausbildungsrichtung hinaus. Interessant sticht dabei der Ausblick des gruppendynamisch orientierten Organisationsberaters Rudolf Wimmer heraus, der eine Enthierarchisierung von Organisationen kommen sieht.
TA-Fazit: Ein hervorragendes Buch, um die Bandbreite und Vielfalt systemischen Denkens kennenzulernen, insbesondere hinsichtlich der systemischen Bearbeitung von Konflikten.
Rudi Ballreich (Hg.): Systemische Perspektiven: 216 Seiten, Concadora 2020, 29,90 Euro.