Wer schreibt, der bleibt – und heilt, so möchte man mit Carmen Unterholzer hinzufügen, die das therapeutische Schreiben im Rahmen systemischer Psychotherapie in den Blick nimmt. Dabei beschränkt sich die Autorin auf eine Darstellung bewährter 'Perspektiven und Schritte' aus ihrer praktischen Arbeit.
Um den Prozess des Schreibens zu unterstützen, nutzt die Autorin verschiedene Verfahren wie das Externalisieren, die Metapher oder den Chor der inneren Stimmen. Systemische Interventionen können mit einem breiten Spektrum von Textsorten verschriftlicht werden. Lieblingsgattung aller Therapeuten scheint da der Brief zu sein, aber auch das Tagebuch, Erzählungen und Gedichte, Dialoge und Gebrauchstexte erfreuen sich großer Beliebtheit.
In der Einzeltherapie setzt Unterholzer das Schreiben vorrangig ergänzend zum mündlichen Dialog ein, um Gedanken zu fokussieren und den Redefluss zu lenken. Im Gegensatz dazu ist Schreiben in der Gruppentherapie das vorrangige Medium, die Klienten erarbeiten ihre Texte während der Sitzung, tragen sie vor und erhalten ein Feedback. Therapeutisch ist eine Geschichte 'gut', wenn sie 'progressiv und öffnend' Lösungen und alternative Möglichkeiten anbietet. Schreiben kann verändern, es wirkt auf Emotionen, Selbstwirksamkeit, Kreativität und Beziehungen. Aber, daran lässt die Autorin keinen Zweifel, im Einzelfall kann es auch kontraproduktiv wirken, was eine individuelle therapeutische Vorabklärung erfordert.
Lohnt es sich, einen Stift zu haben, oder tut es eine Tastatur auch? Leider schiebt Carmen Unterholzer diese kontrovers diskutierte Frage gleich zu Beginn zur Seite. Ansonsten bietet sie viele Anregungen zum therapeutischen Schreiben, deren nachwirkende Umsetzung aber auch einen schreibaffinen Therapeuten verlangt.
TA-Fazit: Gute Einführung in die Methodik schriftlicher Interventionen in der systemischen Therapie.
Carmen C. Unterholzer: Es lohnt sich, einen Stift zu haben, 229 Seiten, Carl-Auer, Heidelberg 2017, 24,95 Euro.