Nachvollziehbar und stringent führen die Autoren – beide Supervisoren und Trainer – von der historischen Entstehung über die systemischen Zusammenhänge zwischen Klienten-, Hilfe- und Beratungssystem zu einem einfachen und praktikablen Phasenmodell der Fallbesprechung. Besonders interessant wird das Buch dadurch, dass die Wechselwirkung zwischen Fall- und Teamdynamik untersucht wird. Hier wird die These vertreten, dass sich unbewusste Kräfte des 'Falles' in der Dynamik des Beraterteams zeigen können. Dem Leser wird dies nicht nur über die historische Entstehung der Fallbesprechung aus der psychoanalytischen Balintgruppe erläutert, sondern auch mithilfe des Praxisbeispiels einer Beratungsstelle der freien Jugendhilfe.
Interessant ist, wie die Reflexion der Erkenntnisse zu einer anderen Teamzusammensetzung der Fallbesprechungen führte und sie deutlich effektiver machte. Dies erfordert gruppendynamische Kompetenz des Leiters einer Fallbesprechung.
Wie das praktisch umgesetzt werden kann, zeigen immer wieder kleine Fallvignetten mit Beispielen aus unterschiedlichen Feldern: Eltern-Kind-Probleme der Jugend- und Familienhilfe, schwierige Führungssituationen in Unternehmen oder problematische Kunden im Coaching. Sehr hilfreich für die Praxis sind auch die methodischen Hinweise, die für die unterschiedlichen Phasen der Fallbesprechung gegeben werden. So können Organi-/Genogramme, Netzwerk- oder Ressourcenkarten, Aufstellungen, Rollenspiele jeweils einzelne Aspekte der meist komplexen Fälle strukturieren und transparent machen.
Trotz des begrenzten Umfanges geht das Buch ausreichend in die Tiefe und beleuchtet kurz und prägnant die unterschiedlichen Bedeutungs- und Verstehensebenen einer Fallbesprechung. Erkenntnisse aus der Wirkungsforschung von Fallsupervision schließen das Buch ab.
TA-Fazit: Eine hervorragende Einführung eines zentralen Beratungsinstrumentes – fachlich fundiert, lebensnah und leicht verständlich.
Oliver König, Karl Schattenhofer: Einführung in die Fallbesprechung und Fallsupervision. 128 Seiten, Carl-Auer, Heidelberg 2017, 14,95 Euro.