Hochkarätige Wissenschaftler und Praktiker diskutierten im Frühjahr 2002 auf einem von der Universität Basel veranstalteten Symposium über Fragen der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von Organisationsberatung. Einige der damaligen Redebeiträge wurden von ihren Autoren buchtauglich umgeschrieben und in dem Sammelband 'Die Kunst der Organisationsberatung' veröffentlicht.
Organisationsberatung mit der Metapher 'Kunst' zu versehen, scheint zunächst gewagt und bedarf einer Begründung. Explizit erhält der Leser darauf zwar keine Antwort, die einführenden Worte des Herausgebers lassen jedoch im Vorgriff auf die einzelnen Beiträge schon erahnen, was Organisationsberatung im Lichte einer Kunstfertigkeit erscheinen lässt: Eine einheitliche Vorgehensweise in Beratungsprojekten gibt es nicht, dafür aber immer wiederkehrende Anforderungen, deren Bewältigung für den Erfolg von entscheidender Bedeutung ist.
Eine dieser Anforderungen besteht den Autoren zufolge in der Lösung der Paradoxie, dass die Auftraggeber von der Organisationsberatung eine Reduktion von Unsicherheit und Komplexität erwarten, eine gute Beratung jedoch gerade darin besteht, dass sie keine Patentrezepte verkauft und der Organisation eine Kommunikation über sich selbst ermöglicht. Es sind Ausführungen wie diese, die den Leser zu einer permanenten gedanklichen Auseinandersetzung und Selbstpositionierung anregen. So leuchtet bei fortschreitender Lektüre ein, dass Organisationsberatung auf ein von Erfahrung und systemischer Kompetenz getragenes situatives Vorgehen angewiesen ist, was den Verweis auf die Kunst bzw. Kunstfertigkeit durchaus rechtfertigt.
Die einzelnen Beiträge sind in sich geschlossene Einheiten, die auch unabhängig voneinander gelesen werden können. Gemeinsam ist den Beiträgen allerdings das Anliegen, die Besonderheiten der Interaktion zwischen Organisation und Beratung bzw. Auftraggeber und Auftragnehmer zu analysieren. So geht es in einem Artikel z.B. um die Verführungskraft der Beraterrolle und ihre Konsequenzen. Die Organisationsberatung als Lerngemeinschaft von Internen und Externen ist als Titel einem anderen Beitrag überschrieben. Weitere Themen sind u.a. die Steigerung der Lernfähigkeit von Organisationen, das Verhältnis von Personal- und Organisationsentwicklung, die Wirksamkeitsverständnisse von Organisationsaufstellungen sowie Prozessbausteine für ein nachhaltiges Wissensmanagement.
Der Sammelband vermittelt keine Grundtechniken, die in der Beratungsarbeit relevant sind und eignet sich nicht für den Gebrauch als Lehrbuch. Als Zielgruppe können vielmehr jene Wissenschaftler und Praktiker gelten, die möglichst viel Input für die Reflexionen der eigenen Arbeit erhalten möchten.
Fazit: Kein Methodenbuch, sondern eine Sammlung gehaltvoller Anregungen zum Nach- und Weiterdenken.
Von Werner R. Müller und Michael Zirkler (Hrsg.), 252 S., brosch., Paul Haupt Verlag, Bern, Stuttgart, Wien 2003, ISBN 3-258-06628-0, 32,- Euro.