Narzissmus hat nicht nur eine grandiose selbstverliebte, sondern auch eine depressive Seite: Ist der eine von seiner Großartigkeit überwältigt, badet der andere in seiner Minderwertigkeit. Beide vereint eine einseitige Persönlichkeitsprägung und eine gespielte Außendarstellung: die 'Maske'.
Zur Erklärung dieser Prägung referiert die Autorin, Bianca Olesen, eine Reihe von Theorien, beispielsweise aus der Gehirnforschung. Kennzeichen narzisstischer Menschen sind eine erkennbare Sucht nach Anerkennung sowie Mangel an Empathie, Selbstreflexion und Kritikfähigkeit. Im Coaching verfolgt der Narzisst, laut Olesen, ein Beziehungsmuster des 'Nimm mich an und gib mich auf'. Gute Voraussetzungen, um als Coach schnell 'herausgefordert und frustriert' zu sein. Wie also solchen Reaktionen begegnen und eine nachhaltige Lösung für den Klienten entwickeln?
Olesen empfiehlt 'kleinschrittige Interventionen'. Durch einfühlsames Spiegeln verbaler und nonverbaler Kommunikation zum Beispiel werden beim Klienten Selbstreflexion, Empathie, Realitätsbezug und Erleben gefördert, Bewegung initiiert und Kritikfähigkeit trainiert. In diesem Prozess ist, so die Autorin, der Coach von narzisstischen Klienten ein entscheidender Wirkfaktor und zugleich besonders gefordert: Er muss auf seine Haltung achten und seine eigenen 'inneren Antreiber' auf Distanz halten, um sich nicht in das 'vertraute Rollenspiel' seines Klienten locken zu lassen.
Bianca Olesen vermittelt ihren Lesern eine sehr eindrückliche und farbige Vorstellung davon, wie schwierig der richtige Umgang mit narzisstischen Klienten ist. Ihr Buch ist gut zu lesen und bietet viele instruktive Fallbeispiele sowie praxiserprobte Anregungen und Hilfen.
TA-Fazit: Für das Coaching von narzisstischen Klienten sehr empfehlenswert.
Bianca Olesen: Der Mensch hinter der Maske. 200 S., Junfermann, Paderborn 2015, 22,90 Euro.