Auf dem zehnten Personalberatertag im Mai 2008 gab es jede Menge gute Nachrichten: Das Jahr 2007 brachte der Branche einen Umsatzrekord. Und das laufende Geschäftsjahr könnte diesen Höchststand noch einmal überbieten. Sorgen bereitet den Headhuntern nur eins: Ihr Rohstoff – der talentierte Mitarbeiter – wird knapp.
Sektkorken knallten nicht auf dem Petersberg. Doch zur Sektlaune hatten die Personalberater auf ihrem jährlichen Branchentreffen allen Grund: Dem Berufsstand geht es nämlich so gut wie nie zuvor. Das jedenfalls legt die Studie 'Personalberatung in Deutschland' nahe, die im Mai 2008 auf dem 10. Personalberatertag vom Bundesverband der Unternehmensberater (BDU) vorgestellt wurde.
190 Personalberatungsfirmen hatte der BDU für seine Studie befragt – und einen Rekord ermittelt: Der Umsatz der Personalberatungsbranche ist im Jahr 2007 um 19 Prozent gestiegen und hat mit 1,37 Milliarden (2006: 1,15 Milliarden) einen neuen Höchststand erreicht.
Die Gründe für das starke Geschäftsjahr 2007 sehen die Headhunter vor allem in der positiven konjunkturellen Entwicklung und dem damit verbundenen deutlichen Aufschwung am Arbeitsmarkt. 'Der Rekrutierungsbedarf ist stark gestiegen', erklärte BDU-Vizepräsident Joachim Staude. Die Zahl der Suchaufträge stieg von rund 58.000 im Jahr 2006 auf knapp 67.000 im Jahr 2007. Das entspricht einem Plus von 15 Prozent.
Gestiegene Nachfrage nach IngenieurenGesucht haben die Personalberater vor allem nach Vertriebs- und Marketingspezialisten. Sie waren – wie bereits im Vorjahr – mit einem Anteil von 28, 5 Prozent am stärksten gefragt. In 19,7 Prozent aller Fälle suchten die Unternehmen nach neuen Führungskräften. Dieser Wert ist im Vergleich zu den beiden Vorjahren fast unverändert. Einen deutlichen Zuwachs hat es für die Unternehmensbereiche Entwicklung und Produktion gegeben: 14,4 Prozent aller Suchaufträge entfielen auf diesen Sektor; 2006 waren es nur 11,9 Prozent gewesen. 'Weil es einen Mangel an Ingenieuren gibt, steht der Personalmarkt für technische Positionen erheblich unter Druck', erklärte Staude.
Vor allem der Mittelstand sucht Hilfe beim RecruitingIm Kampf um die Talente vertrauen vor allem mittelständische Unternehmen auf die Hilfe der Personalberater. Der Anteil am Gesamtumsatz der Personalberatungsbranche, der auf dieses Kundensegment entfiel, betrug 2007 knapp 51 Prozent (2006: 47,3 Prozent). 42 Prozent aller Suchanfragen kamen aus Konzernen, Kleinunternehmen leisteten sich nur selten die Unterstützung der Personalberater (7,1 Prozent).
Die gestiegene Nachfrage beim Mittelstand erklärt sich Dr. Wolfgang Lichius, Vorsitzender des BDU-Fachverbandes Personalberatung, so: 'Der Aufschwung ist beim Mittelstand angekommen, der Mittelstand braucht deshalb mehr Personal.' Bei der Personalsuche kämpfen die Unternehmen, die jährlich einen Umsatz zwischen 10 und 500 Millionen machen, aber mit zwei Problemen: 'Zum einen fehlen oft die internen Funktionen für die Personalsuche', erklärte der Vice President der Kienbaum Executive Consultants. 'Zum anderen ist der Kampf um die Talente mehr denn je zum Wettbewerb zwischen mittelständischen Unternehmen und Konzernen geworden', so Lichius. Um gegen starke Arbeitgebermarken zu bestehen, müssten weniger bekannte Firmen ihre Anstrengungen im Personalrecruiting erhöhen – und suchen auch deshalb besonders oft die Hilfe der Personalberater.
Auch Personalberater suchen nach neuen MitarbeiternDem Kampf um gute Mitarbeiter müssen sich übrigens nicht nur die Kunden der Personalberater stellen – auch die Personalberater selbst suchen händeringend nach Nachwuchs. „Die Beschäftigtenzahl hat mit dem Umsatzwachstum nicht Schritt gehalten“, so Staude. 2007 unterstützten rund 5.250 Personalberater ihre Klienten bei der Personalsuche (2006: 4.700). Das entspricht einem Zuwachs von 12 Prozent. In den beiden Jahren 2006 und 2007 hat die Branche damit 1.200 neue Beraterpositionen geschaffen. Die Zahl der Researcher stieg um sieben Prozent auf über 2.400 (2006: 2.275). Um diesen Zuwachs – sowohl an neuen Mitarbeitern als auch an Suchaufträgen – organisatorisch handhaben zu können, wurden 2007 auch 500 neue Bürokräfte in den Personalberatungsagenturen eingestellt.
Der Wettbewerb um gute Mitarbeiter hat das Geschäft der Personalberater im Jahr 2007 belebt. Aber er hat es auch schwerer gemacht. „Der Zeitaufwand der Personalsuche hat sich deutlich erhöht“, resümierte Staude. Das Finden und Platzieren der Kandidaten sei deutlich schwieriger geworden. „Die Kandidaten wägen viel länger ab, ob der angebotene Job zu ihnen passt“, nannte der BDU-Vizepräsident ein Beispiel für die neuen Herausforderungen
Stärkere Spezialisierung erwartetWeitere Herausforderungen, denen sich die Branche in den kommenden Jahren stellen muss, wurden in der abschließenden Podiumsdiskussion erläutert, die unter dem Titel stand „Personalberatung heute und morgen“. „Die Personalberatungsunternehmen werden sich stärker spezialisieren“, war sich beispielsweise Dr. Claudia Kunkel sicher. Der Managing Partner des Personalberatungsunternehmens Heads! führte aus: „Wir haben eine neue Art von Kunden bekommen, die deutlich mehr Beratung brauchen. Und diese Beratung können wir nur gut machen, wenn wir Spezialisten in der jeweiligen Branche sind.“
Ihre Einschätzung bestätigte Dr. Jochen Neese. „Sowohl die Konkurrenz als auch der Erklärungsdruck, worin der Wert unserer Arbeit besteht, wird größer“, zeigte sich der Geschäftsführer der Deininger Unternehmensberatung überzeugt. In diesem Klima könnten nur diejenigen Anbieter bestehen, die sich auf einzelne Segmente konzentrieren. „Nur bei einer Spezialisierung kennen wir den Markt und die Gehaltsstrukturen genau und können gut agieren“, führte Neese aus.
Weitere Umsatzsteigerung prognostiziertEinig waren sich die Personalberater in einem Punkt: Die Geschäftsaussichten bleiben rosig. „Die Nachfrage steigt weiterhin“, meinte etwa Dr. Wolfgang Lichius von Kienbaum Executive Consultants. Seine Einschätzung bestätigt die Branchenstudie. Gut drei Viertel der befragten Personalberatungen erwarten im laufenden Jahr ein Umsatzplus. Knapp 16 Prozent gehen von gleichbleibenden Umsätzen aus. Damit ergibt sich eine durchschnittliche Umsatzerwartung von plus 15 Prozent. Wenn sich diese Prognose bewahrheiten sollte, dann wird die Branche im Jahr 2008 1,575 Milliarden Euro umsetzen. Und das ist dann auf alle Fälle einen Sekt wert – oder noch besser: Champagner.