30 Jahre lang haben deutsche Trainer die internationale Auszeichnung zum 'Certified Speaking Professional' ignoriert – jetzt wachsen die Bewerberzahlen rasant. Training aktuell über Aufwand und Nutzen des Speakersiegels. Wenn Markus Hofmann, Andreas Buhr und Lothar Seiwert Ende Juli 2010 von ihrer Amerikareise zurückkommen, haben sie je eine große Medaille im Gepäck. Der Grund: Auf der jährlichen Convention der National Speakers Association (NSA) wird das Trio – gemeinsam mit 15 anderen Speakern aus aller Welt – als Certified Speaking Professional (CSP) ausgezeichnet. Obwohl Lothar Seiwert ein offizielles Anerkennungsschreiben schon in der Tasche hat, freut er sich auf die öffentliche Übergabe der Medaille: 'Von der NSA wird die Verleihung mit Pomp und aller Inbrunst gefeiert; das ist wirklich ein emotionales Erlebnis.'
Die Inszenierung auf großer Bühne haben sich die Ausgezeichneten hart erarbeitet: Die Bewerbung um den Titel ist zeitintensiv. 'Die Bewerbungsphase erstreckte sich bei mir – parallel zum Tagesgeschäft – über drei Monate', berichtet etwa Gedächtnistrainer Markus Hofmann. Lothar Seiwert nennt den Prozess, 'aufwändiger als jede Steuererklärung'. Der Grund für den erschöpften Rückblick der Bewerber: Die NSA lässt sich für die vergangenen fünf Jahre akribisch auflisten, für welche Kunden die Speaker wann und wo auf der Bühne gestanden haben und wie viel Honorar sie dafür bekommen haben. Dazu kommen notwendige Referenz- und Empfehlungsschreiben von Kunden und der Nachweis persönlicher Weiterbildung. Ziel der NSA ist es, nur diejenigen Aspiranten als 'professionelle Speaker' zu zertifizieren, die zum einen von ihrer Tätigkeit leben und zum anderen zufriedene Kunden nachweisen können.
Die NSA prüft nach
Bei den Auflistungen, die die Bewerber einreichen müssen, überlässt die amerikanische Speakerorganisation nichts dem Zufall; sie definiert detailliert jede Anforderung. Damit beispielsweise ein Auftritt als solcher gezählt werden darf, müssen etwa mindestens 15 Teilnehmer anwesend sein, die Veranstaltung muss mindestens 30 Minuten dauern, der Speaker muss einen Redeanteil von mindestens 75 Prozent haben, und der Kunde muss ein angemessenes Honorar gezahlt haben. Schludern gilt – trotz langer Listen, die sich zwingend ergeben – nicht: Die NSA hakt stichpunktartig bei den Auftraggebern nach. Für deutsche Trainer ergibt sich noch eine weitere Aufgabe: Alle einzureichenden Unterlagen (beispielsweise Werbematerialien und Empfehlungsschreiben) müssen ins Englische übersetzt werden.
Noch sind die Kunden unsicherDie strenge Prüfung kostet die Bewerber Nerven, verleiht der Auszeichnung jedoch Gewicht, meint der Münchner Markus Hofmann: 'Man hat einen hohen Qualitätsstandard nachgewiesen und hebt sich dadurch deutlich vom Markt ab.' Dass die deutschen Kunden das Siegel als Selektionskriterium heranziehen, bezweifelt Gerd Kulhavy, Managing Director von Deutschlands größter Redneragentur Speakers Excellence: 'In Deutschland hat der CSP noch keine Bedeutung', so sein Urteil. Dass sich der CSP in Deutschland als Qualitätsmerkmal etabliert, dafür macht sich Lothar Seiwert, Präsident der German Speakers Association (GSA), einer Mitgliedsorganisation der NSA, stark: 'Unser Ziel ist es, dass der CSP in Deutschland eine ähnliche Bekanntheit erreicht wie die ISO-Zertifizierung.'
Dass dieses Ziel im Moment noch weit entfernt ist, verwundert nicht: Den Titel, den die NSA seit 1980 vergibt, haben die Deutschen erst vor einem Jahr für sich entdeckt: Sabine Asgodom wurde 2009 als erste deutsche Referentin geehrt. Die Autorin des Buchs 'Eigenlob stimmt', hat vorgemacht, wie man die internationale Auszeichnug für das Marketing nutzt: Via E-Mail wies Asgodom Kunden und Redneragenturen auf das Qualitätssiegel hin. Die Folgen waren positives Feedback ('Wir wussten vorher schon, wie exzellent Sie sind, trotzdem herzlichen Glückwunsch!') und stabilisierte Geschäftsbeziehungen: 'Kunden sind gerne stolz auf die Partner, die sie ausgewählt haben. Deshalb war die Aktion sicher hilfreich', weiß 'Deutschlands erste CSP', wie sich Asgodom in einer Anzeige selbst nannte. Auch wenn die Medaille schmückt, die Hintergründe der Zertifizierung sind den Kunden unbekannt, vermutet auch die ehemalige GSA-Präsidentin. Sie setzt auf eine wachsende Zahl von 'Würdenträgern', die in die Unternehmen hinein kommunizieren, welchen Wert die Auszeichnung hat. Das würde nicht nur den Personen, sondern auch der Profession in Deutschland nutzen, meint Asgodom: 'In einem Business, in dem keine Ausbildung den Zugang regelt, sind Auszeichnungen als Qualitätsmerkmal wichtig.'
Internationale KonkurrenzWichtig kann der Titel auch für diejenigen Speaker sein, die ihre Fühler über die Ländergrenzen hinaus strecken. In den USA, berichtet Seiwert, gelte der Titel bereits als guter Türöffner in die großen Redneragenturen. Internationalisierung bedeutet aber auch, dass deutsche Kunden vermehrt englischsprachige Referenten anheuern – wie Kulhavy von Speakers Excellence beobachtet. Weil der Titel CSP laut Kulhavy international an Bedeutung gewinnt, kann es sein, dass die vier deutschen CSP nicht mehr lange alleine in der Pflicht stehen, den deutschen Personalentwicklern die Vorteile der internationalen Auszeichnung nahezubringen. Dafür haben sie dann auch mehr Konkurrenz.
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Voraussetzungen1. Verbandsmitgliedschaft
Bewerber müssen seit mindestens drei Jahren einem Verband der 'Global Speakers Federation' angehören. Zu diesem gehört etwa die NSA oder die GSA.
2. Ständige Weiterbildung
Bewerber müssen in den sechs Jahren, die dem Bewerbungsjahr vorausgehen, mindestens 32 Weiterbildungspunkte gesammelt haben. Der Besuch einer NSA-Convention bringt beispielsweise acht Punkte.
3. Tätigkeit als Speaker
a) CSP-Aspiranten sollen hauptberuflich als Speaker tätig sein und müssen deshalb nachweisen, dass sie in den vergangenen fünf Jahren eine Mindestanzahl an Kunden, Präsentationsterminen und Honorar hatten. Die Eingruppierung ist nach fünf Modellen möglich und erstreckt sich von mindestens 100 Kunden/250 Präsentationen/250.000 Dollar bis hin zu 25 Kunden/100 Präsentationen/625.000 Dollar.
b) Nötig sind 20 Feedbacks von Kunden, in denen die Leistung des Bewerbers mit mindestens 7,5 von zehn Punkten bewertet wird.
4. Professioneller Auftritt
Vorgelegt werden müssen – zumindest in Kopie – die Marketing- und Werbeunterlagen des Bewerbers, sowie (Buch-)Veröffentlichungen, Testimonials und Videos.
>> Kosten: 375 US-Dollar (bei Wiederholung der Erstprüfung: 100 Dollar), Erneuerung der Auszeichnung nach fünf Jahren nötig (Kosten 200 US-Dollar)
>> Bewerbungsschluss: Mitte Januar jeden Jahres