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Podcast-Kongress: Bildung zum Hören als Trend

Bildung soll so einfach zu konsumieren sein wie ein Musikstück auf dem MP3-Player. Das ist die Vision der Podcaster-Szene, die sich Ende Januar 2007 in Köln traf. Educational Podcasting nennt sich der Trend. Er will Bildung per Audiodatei an den Lernenden bringen.

Experimentierfreudig, jung und szenig - so präsentierte sich die Podcast-Community Ende Januar 2007 im Kölner KOMED-Haus. Der eco Verband der Deutschen Internetwirtschaft hatte zum 2. Deutschen Podcast-Kongress geladen und eine bunte Mischung von Audiophilen zusammengebracht: Vertreter der Unternehmenskommunikation, Werbeagenturen, Private Podcaster, traditionelle Medienvertreter, Hochschuldozenten und Trainer. Szenig war auch das durch Angliszmen getränkte Vokabular: 'loser generated content' als Schimpfwort für den 'user generated content', 'podvertising' als Antwort auf die Frage, wie sich Podcasts finanzieren lassen, und 'educational podcasts' als neuer Trend im Bildungsbereich lauteten die Buzzwords.

Der J!Cast: Eine auditive Darstellung von Bildung als Prozess

Über educational podcasts redete Laura Dierking von der Universität Münster. Im Rahmen ihrer Dissertation am Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht setzte sie das Pilotprojekt 'J!Cast' auf die Schiene: einen Jura-Podcast, der Medienrechtsexperten aktuelle Ereignisse und Urteile diskutieren lässt. Die Idee kam der jungen Juristin beim abendlichen Tischfußballspielen mit Kollegen im Keller der Universität. Die dort gleichzeitig stattfindenden Diskussionen zu Rechtsfragen waren für sie so manches Mal erhellend beim Verstehen juristischer Feinheiten. Und so übertrug sie den dynamischen Prozess aus Fragen, Diskussion und Lösung in das Audioformat und schaffte damit eine neue Form der Vorlesungsnachbereitung. 'Wir sind mit unserem Podcast aktueller als Fachzeitschriften und haben auch Raum für provokante Thesen', erläuterte Dierking.

Schlechte Erfahrungen mit Eins-zu-Eins-Mitschnitten

Weniger überzeugt zeigte sich die Pionierin von Eins-zu-Eins-Abbildungen von Vorlesungen, mit denen sie ebenfalls Erfahrungen gesammelt hat. 'Audiomitschnitte führen zu leeren Hörsälen', mahnte sie. Die Studenten hätten keine Lust, sich in die Uni zu bewegen, wenn sie die Vorlesungen auch zu Hause am Rechner anhören könnten. Und die Professoren wären genervt. Ihrer Erfahrung nach sprechen sie lieber vor Publikum, sind dann auch interaktiver, machen mehr Scherze. 'Bei einem Mitschnitt haben die meisten Professoren Angst, etwas Unwissenschaftliches von sich zu geben, das dann auch noch außerhalb der Hörsaalwände gehört wird', so Dierking.

Visionär, aber naiv: Schüler hören Bildung statt Musik

Während die Erfahrungen der Juristin viele Anregungen zum Nachdenken über die Erfolgsfaktoren von Bildung via Podcasting boten, blieben die Ausführungen von Trainer Markus Euler auf visionär-naivem Niveau. Euler sprach ebenfalls im Themenblock educational podcasting und hatte zunächst die Schüler im Visier. Sie seien ohnehin technikaffin, daher müsse man den Pennälern nur MP3-Player schenken und könnte sie dann lernniveaugerecht mit Bildung in ihrer Freizeit beschallen. Warum Schüler Bildung statt Musik hören wollen? Darauf hatte Euler keine Antwort. Aber der Münsteraner Kommunikationstrainer hatte noch ein anderes Beispiel für die Podcast-Nutzung parat. Seiner Ansicht nach wäre Hartmut Mehdorn, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, gut beraten gewesen, seine Mitarbeiter via Podcast über die Stilllegung des Bahnbetriebes aufgrund des Sturms Kyrill zu informieren. 'E-Mails lesen die Mitarbeiter doch nicht mehr', begründete Euler seinen Vorschlag. Mehdorn hätte seine Mitarbeiter via Podcast emotional sicher gut erreichen können, etwa durch die persönliche Ansprache. Offen blieb indes die Frage, wie das technisch hätte gelingen sollen. Euler jedenfalls ging darauf nicht ein.

Dabei war der Weg des Podcasts vom Internet hin zum Nutzer eine Frage, die die Podcast-Szene extrem umtrieb. Nicht zuletzt wurde sie diskutiert vor dem Hintergrund der neuesten Nutzungszahlen, die auf dem Kongress präsentiert wurden.

Einer Umfrage des House of Research, Berlin, zufolge, ist der durchschnittliche Podcast-Konsumierer männlich, 33 Jahre alt und hoch gebildet. Die meisten Nutzer hören Podcasts zu Hause an, nämlich 54 Prozent. Nur 19 Prozent lauschen in öffentlichen Verkehrsmitteln, 11 Prozent im Auto. 63 Prozent nutzen den Rechner zum Abspielen der Audiodateien. Damit platzte für die Podcaster wie eine Blase ihr Hauptargument: Wird der Vorteil des neuen Mediums doch vor allem darin gesehen, dass Podcasts unabhängig von Zeit und Ort sinnvoll die so genannten Leerzeiten während langer Auto- und Zugfahrten füllen können.

Die Zahlen sind umso ernüchternder, als dass 912 audiophile Nutzer befragt wurden, nämlich 640 Podcast-Hörer und 272 Podcast-Macher. Doch es ist wohl noch zu umständlich: Stets muss der Umweg über den Mac oder PC genommen werden, um Podcasts auf das mobile Abspielgerät zu laden. 'Das würde sich ändern, wenn die Abspielgeräte selbst eine Internetverbindung mit Flatrate hätten', schlussfolgerte Sebastian Breßler vom House of Research und machte Hoffnung auf verbesserte Technik. Die Szene ist dem Kunden also noch zwei Schritte voraus. Und die Visionen schlagen noch die technischen Möglichkeiten. Noch...
Autor(en): (Nicole Bußmann)
Quelle: Training aktuell 03/07, März 2007
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