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Personal-Change-Management: Blitzableiter für Führungskräfte

Wutanfall oder Angstattacke – bei tiefgreifenden Veränderungen laufen die Emotionen leicht aus dem Ruder. Der Grund: Veränderungen verunsichern. Eine Methode, die helfen will, die eigenen Reaktionen stets im Griff zu haben, hat der Berliner Führungskräfte-Coach Carl E. Gross entwickelt. Er provoziert seine Klienten und verordnet ihnen 'Blitze'.

Auch wenn wir uns dem Neuen gegenüber aufgeschlossen geben wollen – bei vielen von uns lösen Veränderungen Stressreaktionen aus, die zu unangemessenem Verhalten führen. Dabei sind unpassende Reaktionen leicht zu verhindern, ist Carl E. Gross überzeugt: 'Wir können Veränderungsstress neutralisieren, indem wir unser Fühlen, Denken und Handeln in Einklang bringen.' Der Chef der systemics consulting group in Berlin hat dafür ein Coaching-Programm entwickelt: 'Personal-Change-Management', kurz PCM.

Veränderungsstress löst Kampf- oder Fluchtverhalten aus

Das PCM-Programm beruht ebenso wie die Methode 'Neuroimagination' auf Erkenntnissen aus der Neurobiologie. Diese erklärt den  Zusammenhang zwischen Veränderungsstress und unangemessenem Verhalten so: Die Stresshormone blockieren den präfrontalen Cortex, jenes Kontrollzentrum im Gehirn, das kulturell erlerntes Verhalten steuert. Die Ur-Reaktionen 'Fight' (Kampf) oder 'Flight' (Flucht) werden ausgelöst. Ein Beispiel: Ein Manager, der eine Führungsaufgabe übernimmt (Veränderung) und dabei Stress empfindet, zeigt entweder besondere Härte gegenüber seinen Mitarbeitern (Kampfreaktion). Oder aber er verschanzt sich in seinem Büro hinter seiner Arbeit (Fluchtreaktion).

Der Coach nimmt den Coachee in die Zange

Der erste Schritt im PCM-Coaching zielt darauf ab, dass der Coachee den Auslöser für seine 'Kampf-' oder 'Fluchtreaktion' erkennt. Der Coach unterstützt ihn dabei, indem er ihn sehr konkret zu seiner beruflichen Veränderung befragt. Die Fragen sind derart detailliert, dass allgemeine, abschweifende Antworten nicht möglich sind. Durch dieses 'In-die-Zange-nehmen' schüttet der Coachee das Hormon Acetylcholin aus, das die Konzentrationsfähigkeit fördert. Dadurch ist es dem Klienten möglich, zum Kern der Ursache seines Verhaltens vorzudringen. Die Führungskraft erkennt etwa, dass sie aus Verunsicherung mit cholerischen Ausbrüchen reagiert. Den eigentlichen Auslöser dieses Verhaltens zu verstehen, bedeutet für den Klienten oft ein Aha-Erlebnis – das Glückshormon Dopamin wird ausgeschüttet.

Für den Coach gilt es jetzt jedoch zu verhindern, dass das Glücksgefühl in Zufriedenheit mit dem Status quo und damit in Trägheit umschlägt – also das 'Zufriedenheits-Hormon' Serotonin freigesetzt wird. Deshalb provoziert er in der zweiten Stufe des PCM-Programms den Willen nach Veränderung. Er stellt Fragen wie: Was glauben Sie, was Sie vermeiden, indem Sie nicht angemessen reagieren? Oder: Wer hat Sie im Leben beeinflusst und welche Wirkung hatte das auf Sie? Der Coach bringt seinen Klienten mit diesen provozierenden Fragen dazu, den aktiveren Part im Gespräch einzunehmen. Er soll sich auf Lösungen besinnen, die ihn in der Vergangenheit bereits weiter gebracht hatten. Nur wenn er nicht auf hilfreiche Erfahrungen zurückgreifen kann, leitet ihn der Coach durch Fragen wie 'Wäre es sinnvoll ...' zu Lösungen an.

Angemessenes Verhalten durch richtige Atmung und den 'Blitz'

'Ist die Lösung ermittelt, gelangt der PCM-Prozess an den entscheidenden Punkt', betont Gross. 'Jetzt geht es darum, dass sich der Coachee ein Signal setzt, mit dem er negative automatische Reaktionen überschreibt.' Dieses Signal, den so genannten Blitz, setzen Coach und Coachee gemeinsam. Für den neuen Chef etwa, der sich gegenüber seinen Mitarbeitern oft cholerisch verhält (Kampfreaktion), könnte sich als Blitz-Begriff 'Ruhe' anbieten. Der Coach führt seinen Coachee nun noch in Techniken der Bauchatmung ein. Die Idee: Merkt der Klient, dass er im Begriff ist, unangemessen zu reagieren, ruft er sich seinen 'Blitz' ins Gedächtnis. Der Choleriker denkt an 'Ruhe', atmet tief – und ist tatsächlich die Ruhe selbst.
Autor(en): (msc)
Quelle: Training aktuell 07/08, Juli 2008
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