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Online Educa: Eine neue Pädagogik braucht das Land

'Wir sind Fische, die lernen müssen, Luft zu atmen. Wenn Sie das nicht wollen, müssen Sie zurück ins Meer.' Jef Staes machte es eindringlich. Für den belgischen Unternehmensberater ist e-Learning so etwas wie ein Evolutionsschritt, der nicht mehr aufzuhalten ist. 'In unserer Informationsgesellschaft wird nur der Bestand haben, der die Power zum Wandel, zum Lernen hat', lautet seine These. Alle anderen, so mahnte der Inhaber der Beratungsfirma Engine-of-Innovation, Herentals, werden vom Markt verschwinden.
Staes war einer der Keynote-Speakers der Online Educa, die Ende November 2002 in Berlin stattfand. Dass sich
e-Learning in einer Art Krise befindet, was man Meldungen über den deutschen Markt zufolge schnell schlussfolgern möchte, war auf dem mit 1.200 Teilnehmer besuchten, durch und durch international besetzten Branchentreff nicht zu spüren. 'E-Learning ist erwachsen geworden, wir hatten den Hype, nun aber ist es wie e-Business ein ernst zu nehmendes Thema. Die Technologie ist reif für den Einsatz', beurteilte Hans Ulrich Maerki, Chairman IBM EMEA (Europe, Middle East, Africa), die aktuelle Situation. Die Schaffung von Standards sei im Bereich der Technologie freilich noch eine Baustelle.

Das Problem liegt bei den Trainern

Das Hauptaugenmerk in seiner Keynote legte jedoch auch der IT-Experte auf eine andere Baustelle: auf den fundamentalen Wandel, der unserer (Lern)Kultur bevorsteht. 'Das Problem mit e-Learning besteht nicht beim Top-Management, es liegt auch nicht bei den Mitarbeitern begründet. Es ist vielmehr irgendwo in der Mitte angesiedelt: vor allem bei den Trainern,' so der IBM EMEA-Chef. Der Trainer wie der Lehrer von morgen müsse ein Coach sein, die Pädagogik müsse sich wandeln, ein Verständnis für Lern-Communities müsse her.
In eine ähnliche Kerbe schlug Staes. 'Der Trainer ist kein Experte mehr, er wird seinen Schülern nicht mehr länger Wissen einflößen, sondern dafür Sorge tragen müssen, dass diese in der Lage sind, mit und in der Informationsflut zu atmen', sagte der Belgier.

Wissensdurst der Mitarbeiter fördern

Staes beließ es jedoch nicht beim Hinweis auf Defizite in der Trainerprofession. Er appellierte auch an die Unternehmen: Es bedürfe einer Unternehmenskultur, in der der Mitarbeiter seine Lernbedürfnisse selbst erkenne und seinen eigenen Lernstil entwickeln könne. Staes sprach in diesem Zusammenhang von der 'Learning Tension', dem Wissensdurst, der im Mitarbeiter selbst entstehe und der nur durch eine neue Kultur genährt werden könne. Gleichzeitig müssten die Unternehmen die Fähigkeiten der Mitarbeiter zum Lernen entwickeln helfen - sowohl in technischer als auch sozialer Hinsicht - und für die entsprechende Infrastruktur sorgen. Staes: 'All diese Komponenten sind nötig, wird eine ausgelassen, funktioniert e-Learning nicht.' Die Änderung der Unternehmenskultur sei dabei der schwierigste Schritt, bedeute sie doch den Wandel zur lernenden Organisation. Staes: 'Beim Klassenraum-Lernen haben die Trainer bzw. die Bildungsabteilungen die Kontrolle über die Lerninhalte.' Bei Lernformen wie Knowledge-Management, Communities of Practise und Best-Practise-Sharing sehe das ganz anders aus. 'Inhalte werden dann von der Arbeitskraft kontrolliert', zeigte Staes die Vision auf. 'Kulturschock' war die Vokabel, die er wählte. Und die fand auch noch einigen Nachklang in den Pausengesprächen.
Autor(en): (nbu)
Quelle: Training aktuell 01/03, Januar 2003
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