Das deutsche Bildungssystem fällt im weltweiten Vergleich der 30 wichtigsten Industriestaaten weiter zurück. Zu diesem Schluss kommt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Mitte September 2006 in Berlin ihren diesjährigen Bildungsbericht 'Education at a Glance' ('Bildung auf einen Blick') vorgelegt hat. Demnach hat sich die Situation in Deutschland, die schon im Vorjahresbericht schlechte Noten erhielt, nicht gebessert.
Der Bildungsbericht hat sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig einem Vergleich der Ausbildungen an Universitäten und Fachhochschulen in den verschiedenen Staaten verschrieben. Unter anderem wird die Anzahl der Hochschulabsolventen verglichen. Hier konnte Deutschland nur einen kleinen Achtungserfolg erzielen: Der Anteil der Hochschulabsolventen pro Altersjahrgang ist zwischen 2000 und 2004 von 19,3 auf 20,6 Prozent gestiegen. Doch im OECD-Schnitt erwerben mittlerweile schon 34,8 Prozent der jungen Menschen einen akademischen Abschluss - statt 27,7 Prozent wie noch 2000. Länder wie die Schweiz und Italien legten dabei im gleichen Zeitraum sogar um mehr als 15 Prozentpunkte zu.
Noch deutlicher fällt Deutschland im Vergleich ab, wenn es um die Hochschulzugangsberechtigung geht: Hier zu Lande erwerben nur 38,8 Prozent eines Jahrganges die Hochschulreife, im OECD-Schnitt sind dies inzwischen 67,7 Prozent.
Auch bei der beruflichen Weiterbildung kann Deutschland nach OECD-Sicht nicht glänzen. Während 2004 in der Bundesrepublik 12 Prozent der 25- bis 64-Jährigen an einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen hatten, waren dies im OECD-Mittel 18 Prozent. Besonders gravierend fällt ins Gewicht, dass in Deutschland vor allem gut Ausgebildete in ihre Weiterbildung investieren. Menschen ohne oder mit geringer Schulbildung meiden Lernsituationen hingegen langfristig: Von den Ungelernten machten in Deutschland nur drei Prozent eine berufliche Weiterbildung, so die Studienergebnisse. Das sind weniger als die Hälfte des OECD-Schnitts.
Viele Rügen für Deutschland enthält der Bericht - doch der OECD-Bildungskoordinator Andreas Schleicher bescheinigte Deutschland bei der Vorstellung der Studie zumindest in ein paar Bereichen 'erkennbare Verbesserungen'. Als Positiv-Beispiele nannte er mehr Studenten in den Bachelor-Studiengängen sowie den Ausbau der Ganztagsschulen. Andere Nationen hätten aber deutlich schneller und umfassender auf den 'dramatischen Anstieg' der Nachfrage nach Spitzenkräften, vor allem in den Technik- und Naturwissenschaften, reagiert, warnte Schleicher.
Staatssekretär Andreas Storm aus dem Bundesbildungsministerium räumte nach der Veröffentlichung des Berichts ein, dass Deutschland angesichts der weltweiten Bildungsentwicklung 'einen Zwischenspurt einlegen' müsse.