Nicht nur abstrakt über den demografischen Wandel und seine Folgen philosophieren, sondern konkrete Maßnahmen erarbeiten, will Prof. Dr. Sven Völpel. Um 'passgenaue Lösungen für eines der wichtigsten Managementprobleme des nächsten Jahrzehnts zu entwickeln', so Völpel, hat der Professor für Business Administration an der Jacobs University Bremen ein neues Netzwerk gegründet. Mit an Bord des WISE (WISE = Wisdom, Innovation, Strategy, Energy) Demographie Netzwerkes sind neben Wissenschaftlern am Jacobs Center for the Study of Lifelong Learning and Institutional Development sieben hochkarätige deutsche Unternehmen: DaimlerChrysler, Deutsche Bahn, Deutsche Bank, EnBW, Lonza, Otto Group und Volkswagen.
In den kommenden drei Jahren wollen die Theoretiker und Praktiker des WISE-Teams gemeinsam die Personalsituation der genannten Unternehmen analysieren und spezifische Personalmaßnahmen erarbeiten. Anhand der für die Unternehmen entwickelten Einzellösungen sollen abschließend Gesamtstrategien abgeleitet werden, von denen jedwedes Unternehmen profitieren kann.
Den Auftakt der dreijährigen Projektphase bildet eine Stärken-Schwächen-Analyse der Unternehmen. Die Analyse basiert auf fünf Handlungsfeldern: 1. neue Denk- und Sichtweisen im Lichte alternder Belegschaften, 2. Wissensmanagementstrategien, 3. Gesundheitsmanagement, 4. Arbeitsumfeld, -gestaltung und -organisation und 5. Human Resource Management. Neben der Analyse werden so genannte Fokusstudien zu bestimmten Themen durchgeführt, z.B. zur altersdiversen Weiterbildung bei Otto, der Deutschen Bank und der Deutschen Bahn. Eine andere Untersuchung beschäftigt sich mit dem künftigen Mangel an deutschen Fach- und Führungskräften sowie möglichen Alternativen. Eine Alternative etwa könnte die Einführung der Firmensprache Englisch sein, die es Unternehmen gestatten würde, englischsprachige Mitarbeiter aus aller Welt zu rekrutieren.
Doch es geht nicht nur darum, geeignete Maßnahmen und Strategien zu ermitteln. 'Mit dem Projekt wollen wir ein Bewusstsein schaffen für die Veränderungen in der Arbeitswelt, die durch den demografischen Wandel entstehen', so Sven Völpel. Ein Beispiel: Weil die Zeiten der Frühverrentung passé sind, dauern Berufskarrieren künftig länger. Somit steigt die Anzahl der älteren Mitarbeiter im Unternehmen, nicht aber die Anzahl der Führungspositionen. Die Folge: Nicht jeder Mitarbeiter kann einen hoch aufgehängten Posten bekleiden. Deshalb sollten Unternehmen mehr horizontale Karrieremöglichkeiten schaffen, z.B. Stellen als Projektleiter oder Berater. 'Bislang gelten horizontale Karrieren nicht als attraktiv, aber das ändert sich', meint WISE-Koordinator Völpel. Denn Umfragen zeigen: Immer mehr Führungskräfte geben an, dass sie ihre Leitungsfunktion zugunsten einer Projektstelle mit Drei-Tage-Woche aufgeben möchten. 'Dass diese Entscheidung kein Rückschritt, sondern eine neue Auffassung von Arbeitskultur ist, möchten wir mit dem WISE-Projekt zeigen', erklärt der Wirtschaftswissenschaftler. Infos im Internet.